Der Kant und Cohen verpflichtete Philosoph der symbolischen Formen widmet sich Ende der 20er Jahre scheinbar affirmativ der zeitgenössischen Philosophie des Lebens. Diese Konstellation dient Möckel als Anregung für den erstmals geführten Nachweis, dass der Vernunft und Rationalität verpflichtete Ernst Cassirer sein Philosophieren bereits im Frühwerk konsequent auf das »irrationale« Leben bezieht. Für ihn schließt geistige Tätigkeit den Lebensbezug ebenso ein wie Erleben die Momente geistiger Formung. Während die »moderne Philosophie« die Gesamtheit ihrer Probleme im Leben als Gegenbegriff des Geistes zentriert und dabei zu Antinomien gelangt, findet Cassirer die Lösung dieses Gegensatzes im Medium der lebendig-geistigen symbolischen Form. Der Lebensbegriff selbst erfährt durch die Verknüpfung mit dem Ausdrucksphänomen eine entscheidende Vertiefung und bildet so den Schlußstein in der Theorie der kulturellen Ausdrucksformen des Geistes. Der Autor zeichnet die Auseinandersetzung Cassirers mit den Lebensphilosophen um die praktischen Folgerungen nach, die aus der jeweiligen Auffassung vom Menschen resultieren: historischer Fatalismus oder Freiheit und Selbstbestimmung.
Christian Möckel Boeken






Die Biographie arbeitet heraus, wie Max Adler (1873-1937) sowohl mit der Synthese von Kant und Marx (Sozial-Apriori) als auch mit der erkenntniskritischen Grundlegung von Sozialerfahrung einen bemerkenswerten Beitrag zum Methodenbewusstsein in der Sozialwissenschaft leistet. Dem Wirken des Theoretikers, Lehrers und Politikers der sozialistischen Bewegung Osterreichs im Kampf fur die -Revolution des Bewusstseins- nachgehend, wird aufgezeigt, wie der Philosoph des Austromarxismus in vielen Auseinandersetzungen zur Wahrheitsfindung ebenso beitragt wie zur Formulierung zeitbedingter Irrtumer. Adlers eigensinnige Verarbeitung verschiedenster Ideen im Milieu des Wiener fin de siecle detailliert erklarend, vermag der Biograph Originalitat und Spezifik der Personlichkeit Adlers verstandlich und einer kritischen Wertung zuganglich zu machen."
Die Philosophie Ernst Cassirers
Vom Ausdrucks- und Symbolcharakter kultureller Lebensformen
Die in diesem Band versammelten Beiträge sind das Ergebnis der wechselseitigen Befruchtung von Editions- und Forschungstätigkeit des Autors, der sich intensiv mit dem Nachlass Cassirers beschäftigt hat. Die Sammlung versteht sich als Weckruf an die internationale Cassirerforschung. Der Untertitel »Vom Ausdrucks- und Symbolcharakter kultureller Lebensformen« umreißt die Themenbreite der philosophischen Fragestellungen und verdeutlicht die Originalität von Cassirers Projekt durch die Begriffe Leben, Form, Ausdruck, Symbol und Kultur. Die ersten Beiträge thematisieren Cassirers besondere Verbindung von Leben und Form (I.), während weitere das Politische als bedeutende, von Cassirer philosophisch reflektierte Lebensform der Kultur untersuchen, wobei seine Hegelrezeption besondere Beachtung findet (II.). Der nächste Abschnitt behandelt Cassirers innovative Ansätze zur Bildung neuer philosophischer Disziplinen wie Sprachphilosophie, Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie sowie seine Konzepte einer metaphysischen Grundlage der Philosophie der symbolischen Formen durch eine Theorie der Basisphänomene, die auch seinen wissenschaftsphilosophischen Grundlegungsversuchen dient (III.). Zudem wird die Klärung zentraler Begriffe wie Symbol, Symbolisierung und symbolische Form unternommen (IV.), und abschließend wird erstmals eine Studie zur Beziehung der Begriffe System und Struktur in Cassirers Werk präsentiert.
Die neu aufgelegte Sammlung umfasst zwischen 1995 und 2014 entstandene Beiträge des Autors, die systematische Probleme der phänomenologischen Philosophie beleuchten. Sie thematisiert Husserls Bezug auf Vorläufer und Ideengeber seines philosophischen „Neuanfangs“ sowie dessen Rezeption durch Schüler und Philosophen, die sich nicht der phänomenologischen Richtung zuordnen. Ein erster Schwerpunkt liegt auf den intuitiven Erkenntnisverfahren der Lebensphilosophie, dem Fokus auf den anschaulichen Charakter allgemeiner Gegenstände und einer motivierten Wissenschaftskritik. Der zweite Schwerpunkt behandelt Husserls Auseinandersetzung mit historischen Denkern wie Platon und Leibniz sowie mit zeitgenössischer Lebensphilosophie (Scheler, Dilthey, Spengler) und deren Kulturkritik. Der dritte Schwerpunkt analysiert phänomenologische Ansätze und Begrifflichkeiten bei Schülern (Spet) und Vertretern des Marburger Neukantianismus (Natorp, Cassirer, M. Adler, N. Hartmann), die die Phänomenologie schätzen, sich aber nicht mit ihr identifizieren. Besonders hervorzuheben ist die Untersuchung der Beziehung zwischen Cassirers „Philosophie der symbolischen Formen“ und der Husserlschen Phänomenologie in den wiederabgedruckten Beiträgen. Christian Möckel, der Philosophie in Skt. Petersburg studierte und an der Humboldt-Universität promovierte, lehrt als apl. Professor für Philosophie und ist seit 2014 Herausgeber der „Nachgelassenen Manuskripte und Te
Das Urphänomen des Lebens
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Der Kant und Cohen verpflichtete Philosoph der symbolischen Formen widmet sich Ende der 20er Jahre scheinbar affirmativ der zeitgenössischen Philosophie des Lebens. Diese Konstellation dient Möckel als Anregung für den erstmals geführten Nachweis, dass der Vernunft und Rationalität verpflichtete Ernst Cassirer sein Philosophieren bereits im Frühwerk konsequent auf das »irrationale« Leben bezieht. Für ihn schließt geistige Tätigkeit den Lebensbezug ebenso ein wie Erleben die Momente geistiger Formung. Während die »moderne Philosophie« die Gesamtheit ihrer Probleme im Leben als Gegenbegriff des Geistes zentriert und dabei zu Antinomien gelangt, findet Cassirer die Lösung dieses Gegensatzes im Medium der lebendig-geistigen symbolischen Form. Der Lebensbegriff selbst erfährt durch die Verknüpfung mit dem Ausdrucksphänomen eine entscheidende Vertiefung und bildet so den Schlußstein in der Theorie der kulturellen Ausdrucksformen des Geistes. Der Autor zeichnet die Auseinandersetzung Cassirers mit den Lebensphilosophen um die praktischen Folgerungen nach, die aus der jeweiligen Auffassung vom Menschen resultieren: historischer Fatalismus oder Freiheit und Selbstbestimmung.
Vom Autor Christian Möckel wird der von Goethe, den Lebensphilosophen (Dilthey, Chamberlain, Spengler) und dem Phänomenologen Husserl behauptete Zusammenhang von Anschaulichkeit der Erkenntnis und Sinnstiftung des Wissens herausgearbeitet. Es werden sowohl die Kritik an der abstrakten Verstandestätigkeit als auch die sich auf sie berufenden wissenschafts- und kulturkritischen Überlegungen thematisiert, wobei sich erstaunlich weitgehende Parallelen zwischen den drei Denkstilen zeigen. Demgegenüber bricht die Symbolphilosophie Cassirers mit dieser die Anschauung favorisierenden philosophischen Tradition, indem sie sowohl der Absage an die Abstraktion als auch der Aufwertung der unmittelbaren Anschauung als Erkenntnisverfahren widerspricht. Der Autor weist auf, wie sich Cassirer bei aller geteilter Kritik am überkommenen Verstandesdenken der Grundaussage „`Anschauungsverlust = Sinnverlust“' entschieden entgegenstellt. Bei alledem arbeitet die Studie Goethes Beitrag zu den in Frage stehenden systematischen Problemen heraus und richtet ihr Augenmerk auf die Bemühungen der Lebensphilosophen, Goethe als „`Kronzeugen“' sowohl für das Propagieren der Anschauung als auch für die vehemente Verstandes- und Wissenschaftskritik zu erschließen. Dagegen dient Cassirers Bezugnahme auf Goethe dem Bekenntnis zu der für eine kulturelle Sinnstiftung als unerläßlich erachteten rationalen Wissenschaft.
Phänomenologie
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Die unter dem Titel „Phänomenologie. Probleme, Bezüge, Interpretationen“ versammelten zehn Beiträge bieten Einblicke in systematische Fragen des phänomenologischen Philosophierens, in Husserls Umgang mit Vorläufern bzw. Anregern und in die Rezeption durch Nichtphänomenologen. Der erste Schwerpunkt liegt auf den mit der Lebensphilosophie geteilten intuitiven Verfahren und dem Bestehen der Phänomenologie auf dem anschaulichen Charakter allgemeiner Gegenstände. Außerdem wird Husserls Aufklärung des Zusammenhanges logischer und sprachlicher Gesetze diskutiert. Der zweite Schwerpunkt umfaßt Beiträge, die das Inbeziehungsetzen seiner Philosophie mit geschichtlichen (Platon, Leibniz) und zeitgenössischen Systemen (Spengler) thematisieren. Wie bei der Frage der Anschauung bilden auch hier erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Fragen einen engen Zusammenhang mit der Diagnose einer Krisis in Wissenschaft, Kultur und Menschentum. Der dritte Schwerpunkt enthält Texte zur kritischen Interpretation der Husserlschen Phänomenologie durch Philosophen (Spet, Cassirer, M. Adler), die sich selbst nicht zur dieser Richtung rechnen, ihr aber große Wertschätzung entgegenbringen.