Die Formel vom Willen zur Macht gehört auch nach mehr als einhundertjähriger Rezeptionsgeschichte noch immer zu den umstrittensten Themen der Philosophie Friedrich Nietzsches. Zwar bestehen inzwischen keine Zweifel mehr daran, dass es ein philosophisches Hauptwerk Nietzsches über den Willen zur Macht nie gegeben hat, aber seine Texte selbst und die Absicht, ein solches Werk zu schreiben, sind durch Nietzsche im Wesentlichen verbürgt und als Notizen vorhanden. Die Gründe für das Aufgeben dieser Absicht wie das Verfolgen des Scheiterns einer Idee in ihrer ursprünglich gedachten Kompaktheit und Reichweite sind seither Analysethemen und ein kaum wegzudenkender Gegenstand der Nietzscheforschung. Dazu ist viel und ausführlich geschrieben worden. Dies hat sich der Autor nicht zum Thema gemacht. Vielmehr geht es ihm darum, den Willen zur Macht als Metapher und Formel, als Grundmotiv im Denken Nietzsches und in allem Geschehen mithin als Elementarzustand der sozialen Welt erscheinen zu lassen.
Ralph Wall Boeken


„Die vorligende Arbeit hat sich ein ambitioniertes Thema gewählt, was auch der (Unter-)Titel verrät. Es geht um Einsamkeit, freilch nicht um Isolation, um soziale Desintegration, um den erlittenen Ausschluß aus der Gesellschaft; vielmehr versucht der Autor, Einsamkeit als besondere kulturelle Praxis im Konzert der “Selbsttechnik„ zu beschreiben. Die Vermutung eines engen Zusammenhangs zwischen der theoretischen Verarbeitung selbstinduzierter Einsamkeitserfahrungen und bestimmten körperlich-sexuellen Dispositionen und Wahrnehmungen (etwa einer unsicheren Geschlechtsidentität) vermochte der Verfasser an zwei Lebens- und Werkgeschichten zu bewähren: an den Geschichten und Biographien von Jean-Jacques Rousseau und Friedrich Nietzsche. Das Vorhaben ist methodisch höchst anspruchsvoll, und zwar nicht nur, weil es mit seinen beiden Referenzautoren die vielleicht meistkommentierten Intellektuellen des 18. und 19. Jahrhunderts betrifft; es ist anspruchsvoll, sofern es zu einer innovativen (kaum umrißhaft vorliegenden) Theorie von Individualisierung als Kulturtechnik beizutragen verspricht, andererseits, sofern es das Risiko auf sich nimmt, der implzierten Forderung nach einer subtilen Verschränkung biographischer Forschung, hermeneutischer Textexegese und einer bestimmten Generalhypothese (wie sie der Titel anzeigt) nicht gerecht werden zu können … Insofern bleibt die Arbeit innovativ, was vielleicht in besonderem Maße für das dritte Kapitel gilt, in dem der Autor ein eigenständiges und durchaus originelles Theoriesegment skizziert; hier setzt er Michael Balints vielfach zu wenig bekannte Typentheorie (aus “Angstlust und Regression„) in Beziehung zu seinen Spekulationen über die Einsamkeit und versucht die daraus abgeleitete Differenz zwischen Einsamkeitslust und Einsamkeitsfurcht auch auf die Interpretation der Lebens- und Produktionsgeschichte Rousseaus und Nietzsches anzuwenden.“ – Thomas Macho Ralph Wall, 1963 in Groß-Markow/Mecklenburg geboren, studierte Ästhetik/Kulturwissenschaften, Philosophie und Europäische Ethnologie in Leipzig und Berlin. Seit 1997 ist er Doktorand an der Philosophischen Fakultät III der Humboldt-Universität Berlin und richtet seine Aufmerksamkeit auf den Machtbegriff in Nietzsches Philosophie.