Die kleinen Geheimnisse meiner großen Schwester

Wohl jedes Mädchen, das eine große Schwester hat, weiß, dass es oft nichts Spannenderes geben kann, als dieser hinterherzuschnüffeln, und hat "die Grosse" dann erst ihre ersten heimlichen Liebeleien, während man selbst noch keine Ahnung von Jungs und Verliebsein hat, dann steigt die Neugierde schon mal ins Unermessliche. Autor Jo Hoestlandt hat genau diese Thematik aufgegriffen, und bedient mit seiner Geschichte des Mädchens Luise und dessen bildhübscher großer Schwester Leonie exakt das gerne und oft verwendete Klischee vom hässlichen Entlein und dem schönen Schwan. Klar auch, dass Leonie genau das macht, was man sich von der kleinen Schwester herkömmlicherweise so erwartet - sie hat nichts besseres zu tun, als Leonies Liebesbriefe aufzustöbern und heimlich zu lesen. Der komische Aspekt daran ist, dass es sich bei besagtem Brief um ein in Englisch abgefasstes Werk handelt, und da die Französin Luise - das Buch ist eine Übersetzung aus dem Belgischen - nicht wirklich firm im Englischen ist, kommt es zu allerlei Verwechslungen. Hoestlandt schreibt witzig und hat ein klares, unkompliziertes Handlungskonzept aufgebaut, das er rasch und flüssig durchzieht, sodass es dem Leser/der Leserin ein Leichtes ist, das überraschungsfreie Ende der Geschichte in kürzester Zeit zu erreichen. Dass der Autor gerne mit Klischees arbeitet, und in diesem kurzen Büchlein keine Zeit bleibt, die Charaktere seiner Figuren wirklich auszuarbeiten, sollte erwähnt werden, tut jedoch dem Lesegenuss keinen Abbruch, stellt dieses Buch doch mit Sicherheit nicht den Anspruch des Herausragenden, sondern begnügt sich damit, für heitere Lesestunden und augenzwinkerndes Schmunzeln zu sorgen, wozu auch die wirklich witzigen Illustrationen von Barbara Scholz nicht unwesentlich beitragen. Und dass das Mädchen Luise anlässlich Leonies Hochzeit feststellt, dass sie diese "richtig gern hat", dürfte doch so mancher kleinen Schwester bekannt vorkommen ..