Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie 2016 ist wieder deutlich umfangreicher geworden als die Vorgänger-Tagungen. Der Abstractband enthält etwa 2500 Forschungstexte - teils in deutscher, teils in englischer Sprache. Die Themen reichen weit in Nachbargebiete hinein, z. B. die Biologie („nonhuman minds“) oder Philosophie („justice and morality“). Viele Beiträge dienen der wissenschaftlich-psychologischen Identitätspflege und Selbstreflexion. Warum lässt sich ein großer Teil empirisch-psychologischer Studien nicht reproduzieren? Mehrere AutorInnen tragen Hinweise auf Erklärungsansätze bei. Gelegentlich ist von einer „Krise der Psychologie“ die Rede - und einem möglichen Ausweg über eine Stärkung des Wissenschafts-Praxis-Transfers. Beiträge aus fast allen Disziplinen der Psychologie fokussieren aktuellste Fragestellungen - etwa Themen der Migration, der sozialen Ungleichheit, der einschneidenden digitalen Veränderungen. Die gesellschaftliche Relevanz der Psychologie wird immer wieder deutlich, wenn WissenschaftlerInnen - gelegentlich trivial scheinende - Details des Alltagslebens untersuchen und mittelbar Wissen generieren, das zur Verbesserung von Leben und Zusammenleben führen kann.
Immo Fritsche Boeken


Menschen brechen soziale Normen und Regeln, die sie prinzipiell gutheißen. Im Bereich der Umwelt heißt das: Obgleich die übergroße Mehrheit der Deutschen umweltfreundliche Einstellungen äußert, entspricht das Verhalten oft nicht diesem Standard. Um dies zu entschuldigen, nutzen Personen „kognitive Werkzeuge“ zur Schaffung von situativen Ausnahmeregeln. Immo Fritsche gibt einen umfassenden Überblick über die Bedeutung dieser „Neutralisationen“ (z. B. Rechtfertigungen und Entschuldigungen) für die Vorhersage normwidrigen Verhaltens. Er stellt eigene Untersuchungen vor, die es ermöglichen, die Wirkung von Neutralisationen auf anschließendes Verhalten kausalanalytisch zu belegen. Schließlich wird der Neutralisationsprozess in seiner Bedeutung für rationale Entscheidungsmodelle sowie für die rechts-, umwelt- und organisationspsychologische Praxis diskutiert.