Die Frage eines Türkei-Beitritts zur Europäischen Union ist zu einem zentralen Thema der deutschen, europäischen und internationalen Politik geworden. In dieser Habilitationsschrift wird das Für und Wider einer EU-Mitgliedschaft der Türkei anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse untersucht. Während die deutsche Regierung den Beitritt als politisch vorgezeichnet ansieht und die USA ihn aus geostrategischen Gründen unterstützen, wächst der Widerstand in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Es wird dargelegt, dass es für diesen Widerstand plausible Gründe gibt und dass alternative Lösungen für die Argumente zugunsten eines Beitritts existieren. Viele öffentliche Argumente werden oft verkürzt dargestellt, weshalb sie hier gründlicher beleuchtet und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Zudem wird der Beitritt der Türkei in einen globaleren Kontext eingeordnet. Neben der Fähigkeit der Türkei, die Beitrittsvoraussetzungen zu erfüllen, wird auch die Frage nach den Folgen eines Beitritts für die EU aufgeworfen. Ein Beitritt könnte die Flexibilität der Gemeinschaft beeinträchtigen, und die EU könnte Schwierigkeiten haben, bereits getätigte Zugeständnisse zu revidieren. Die Diskussion zur EU-Erweiterung sollte nicht von blindem Aktionismus geprägt sein; jeder Schritt muss wohlüberlegt und nachhaltig geplant werden, um das „Projekt EU“ nicht zu gefährden.
U. mit Yazıcıog lu Boeken






Art. 16a Abs. 1 GG gewährt dem einzelnen innerstaatlich ein subjektives Recht auf Asyl bei politischer Verfolgung und geht damit zulässigerweise über das Völkerrecht hinaus. Deutschland besitzt damit eine der umfassendsten und großzügigsten Asylgesetzgebungen Europas. Das Grundrecht auf Asyl steht jedem politisch Verfolgten zu, also auch Feinden unserer Verfassungsordnung. Heute stellt illegale Einwanderung jeder Art eine Gefährdung der inneren Sicherheit dar. Hierzu zählt auch die unberechtigte Inanspruchnahme der asylverfahrensmäßigen Aufenthaltsgewährleistung. Die kurdische Frage ist zu kompliziert, um mit einfachen Lösungen beantwortet zu werden. Der türkische Staat muß seine Kurdenpolitik auf eine neue Grundlage stellen. Nach dem Selbstverständnis der neuen Türkei müssen die Kurden türkifiziert werden. Gegen diese Politik hat es immer wieder Aufstände unter den Kurden gegeben, die zum Teil blutig niedergeschlagen wurden. Die Zuwanderung der Kurden aus der Türkei nach Deutschland kann nur dann gestoppt werden, wenn in der Türkei die Menschenrechtsfrage gelöst wird. Helfen kann nur eine sofortige weitere Demokratisierung und die Abschaffung der Folter sowie anderer Menschenrechtsverletzungen in der Türkei.
Die türkische Bevölkerung steht dem EU-Beitritt der Türkei grundsätzlich positiv gegenüber. Im Befragungszeitraum April- Mai 2020 befürworteten diesen 49 Prozent der Türken. Demgegenüber lehnen ihn 21 Prozent der Bevölkerung ab, 17 Prozent stehen einem Beitritt indifferent gegenüber. Mit einem Beitritt wird in erster Linie wirtschaftliche Prosperität verbunden. Zu den großen Befürwortern eines Beitritts zählen zudem ethnische Minderheiten wie die Kurden, die sich von einem EU-Beitritt eine Verbesserung ihrer politischen und wirtschaftlichen Lage sowie gesellschaftliche Akzeptanz erhoffen.