Der steiermärkische Ministeriale Ulrich von Liechtenstein präsentiert sich in seinen Werken in ganz unterschiedlichen Rollen: Die Manessische Liederhandschrift weist ihn als bedeutenden Minnesänger des 13. Jahrhunderts aus, mit dem ‚Frauenbuch‘ nimmt Ulrich am lehrhaften Diskurs über Fragen des höfischen Lebens teil, und in seiner fiktiven Autobiographie ‚Frauendienst‘ begegnet er als unverdrossen dienender Ritter zweier höchst unterschiedlicher Minnedamen und veranstaltet vor realistisch geschilderter historischer Kulisse aufwändige Kostümfahrten. Das Handbuch bietet einen nach relevanten Forschungsfeldern geordneten systematischen Zugriff auf das vielschichtige Werk Ulrichs und ordnet sein literarisches Schaffen in den historischen Kontext ein. Neben der Basis eines detaillierten Forschungsüberblicks gibt das Handbuch Impulse zu weiterführenden Diskussionen: Die einzelnen Kapitel widmen sich neben der von Gattungstradition und Themenfeld gelenkten Analyse auch übergreifenden literaturtheoretischen (Narrativik, Autorrolle, Fiktionalität), anthropologischen (Gender, Emotion) und rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten (Überlieferung, Literaturgeschichtsschreibung, neuzeitliche Rezeption).
Sandra Linden Boeken



Ein Exkurs ist eine Abschweifung vom regulären Erzählfluss, in der der Erzähler alternative Sprechhaltungen einnimmt und direkt an das Publikum reflektiert. Diese generische Transgression, die über das narrative Erzählen hinausgeht, ist in jedem narrativen Sprechen mit einer klaren Erzählerposition verankert. Im volkssprachigen Roman des Mittelalters, beginnend mit Chrétien de Troyes, wird der Exkurs zu einem zentralen Gestaltungsmittel, das zur literarischen Sinnbildung beiträgt. Zunächst als regelpoetisches Verfahren zur Erweiterung der französischen Vorlage genutzt, entwickelt sich der Exkurs schnell zu einer komplexen Darstellungsform. Besonders im deutschsprachigen Raum wird er seit Hartmann von Aue zur literarischen Mode, die um 1200 von hochhöfischen Autoren weitergeführt wird und um 1300 einen experimentellen Umgang findet, als die Gattung des höfischen Versromans mit Minne- und Aventiureromanen erneut aufblüht. Diese Studie analysiert Exkurse nicht nur in Einzelwerken, sondern stellt sie in einer Typologie dar, die mehrere Romane über drei Zeitschnitte hinweg betrachtet. Der Exkurs wird als eigenständiges literarisches Register identifiziert, das tiefere Reflexionen über die Handlung ermöglicht und als spezifischer Habitus des Erzählers fungiert. Die Studie untersucht die inhaltlichen Konventionen und Stilmerkmale des Exkurses und verdichtet sie zu einer Poetik, die zeigt, dass der Exkurs eine zentrale Rolle in der hö
Kundschafter der Kommunikation
Modelle höfischer Kommunikation im ,Frauendienst' Ulrichs von Lichtenstein
Ulrichs von Lichtenstein fiktive Autobiografie 'Frauendienst' präsentiert sich als höchst heterogenes Gebilde. Im Zentrum dieser Studie steht die These, dass das Interesse für unterschiedlichste Kommunikations- und Verhaltensformen höfischen Lebens den Gestaltungsaspekt darstellt, dem sämtliche Passagen des 'Frauendienst' verpflichtet sind.