Jean Pauls ästhetische Dynamisierung der Anthropologie
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Maximilian Bergengruen interpretiert in »Schöne Seelen, groteske Körper« die poetischen Texte Jean Pauls als philosophische und anthropologische Metaphern. Er analysiert die widersprüchlichen Theoreme über die Einheit des Menschen und verknüpft diese literarisch, indem er sie in Konflikt bringt und poetologisch reflektiert. Diese Herangehensweise eröffnet dem Leser neue Perspektiven und Zugänge zu Jean Pauls Werk und dessen komplexen Themen.
Der Band untersucht die wissenshistorischen Verbindungen zwischen Literatur und Ökonomie, insbesondere die Begriffe Kredit und Bankrott. Diese Konzepte sind sowohl ökonomische Prinzipien als auch literarische Ästhetiken, die durch das Spannungsverhältnis von Glauben und Ruin die Literatur dynamisieren.
In »Schöne Seelen, groteske Körper« liest Maximilian Bergengruen die poetischen Texte Jean Pauls als Philosophie bzw. Anthropologie in Metaphern. Jean Pauls widersprüchliche Theoreme zum Thema der Einheit des ganzen Menschen werden, so Bergengruens Analyse, literarisch in Verbindung gesetzt, in Konflikt geführt und poetologisch reflektiert. Der Text bietet dem Leser die Möglichkeit, sich Jean Pauls Werk auf einem neuen Wege zu nähern. Maximilian Bergengruen unternimmt in »Schöne Seelen, groteske Körper« die Überführung wissenschaftlicher Gedankenfiguren in die Narration Jean Pauls. Er liest die poetischen Texte des deutschsprachigen Romanciers als Philosophie bzw. Anthropologie in Metaphern und macht in dem Transfer philosophischer und anthropologischer Fragestellungen in die Prosa eine inszenatorische Kraft aus, welche die Texte Jean Pauls zu einer »ästhetischen Dynamisierung anthropologischer Theorien« werden läßt. Bergengruen erörtert die literarische Reflektion widersprüchlicher Theoreme zum Thema der Einheit des ganzen Menschen und macht den »Kampf der Extreme« bei Jean Paul zum Inhalt seiner Analyse. Die begriffliche Fassung der beiden unvereinbar erscheinenden Teile als schöne Seele und grotesker Körper trägt dabei dem Wechselverhältnis von Ästhetik und Anthropologie Rechnung. Durch die Verortung der poetischen Texte Jean Pauls in die Anthropologie und die Integration von Theorieinformationen, Hintergründen der Ästhetik sowie philosophischen Fragestellungen in die Romananalysen gelingt es Bergengruen, eine Lücke in der Jean-Paul-Forschung zu schließen. Der vorliegende Text stellt somit ein wertvolles Zeugnis einer literaturwissenschaftlichen Neuorientierung dar und bietet dem Leser die Möglichkeit, sich Jean Pauls widersprüchlichen Konzepten von Spiritualismus und Materialismus auf einem neuen, spannenden Wege zu nähern.
In der Literaturwissenschaft hat sich in den vergangenen Jahren ein verstärktes Bewusstsein dafür ausgebildet, dass ästhetische Konzepte in der frühen Moderne in ausdrücklicher Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen, besonders aber mit medizinischen Diskursen formuliert werden. Da den Nerven in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung als Vermittlungsorgan zwischen Wahrnehmung, Denken und Imagination zugesprochen wird, sind es gerade Neurasthenie und Nervosität, die im Zuge der modernen ›Physiologisierung‹ der Ästhetik wichtige ästhetische Kategorien begründen. Die Beiträge dieses Bandes gehen dem Austausch- und Wechselverhältnis zwischen der Krankheit der Moderne und der Literatur der Moderne nach und dokumentieren deren vielfältige Ergebnisse. Die Studien nehmen die Nationalliteraturen des deutschen, französischen, skandinavischen und slawischen Sprachraums in den Blick, lenken die Aufmerksamkeit auf ihre Berührungspunkte und Abhängigkeiten und überschreiten dabei bewusst die Grenzen zwischen den verschiedenen »Ismen« dieses Zeitraums (Realismus, Naturalismus, Symbolismus und Decadence).
Das Hofmannsthal-Jahrbuch ist weltweit das wichtigste Organ der Hofmannsthal-Forschung. Es bietet neben der Veröffentlichung bisher unpublizierter Briefwechsel Beiträge namhafter Wissenschaftler zur europäischen Kultur der Moderne: Inhalt: • »(E)in ganz wunderbarer mich tief rührender Mensch: Wilhelm Stauffenberg, der junge Arzt« – Hugo von Hofmannsthal und Dr. med. Wilhelm Freiherr Schenk von Stauffenberg: Eine Skizze ihrer Freundschaft. Mitgeteilt von Arne Grafe • Eine deutsch-österreichische Bildungsoffensive. Ludwig Gurlitt und Hugo von Hofmannsthal im Kontext. Mit Materialien und Dokumenten. Mitgeteilt von Ursula Renner • Besuche bei Arthur Schnitzler. Private Aufzeichnungen von Albert Ehrenstein, Victor Klemperer und Robert Adam. Mitgeteilt von Martin Anton Müller • Maurice Barrès: L´esthétique de demain: L´art suggestif. Herausgegeben und übersetzt von Rudolf Brandmeyer und Friedrich Schlegel • Jens Ole Schneider: Ich-Pluralisierung und Totalitätssehnsucht. Hofmannsthals »Aufzeichnungen« um die Jahrhundertwende in der Edition der »Kritischen Ausgabe« • Christine von Lossau: »Pierrotpoesie«: Ambivalente Figuren in Hofmannsthals Pantomimenfragmenten • Katharina J. Schneider: Hofmannsthal einrichten. Zu Oskar Strnads Wohnraum- und Bühnengestaltungen für Hugo von Hofmannsthal • Elsbeth Dangel-Pelloquin: »Ehrlich bis zur Orgie«. Schnitzlers Läuterungen • Claudia Liebrand und Stefan Börnchen: Picara-Roman, Meta-Pornografie und Institutionenkritik. Zur sexuellen Ethnografie der »Josefine Mutzenbacher« • Daniel Hilpert: Strukturen der Psyche. Hypnotismus und Dipsychismus in Kafkas »Schloss« • Rolf G. Renner: Konstruktionen des Menschen jenseits der Sprache. Eine literarische Konfiguration von der Goethezeit über die klassische Moderne bis zur Gegenwart
Metaphysische Medizin bei Goethe, Tieck und Hoffmann
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Wie Verfolgungswahn in Medizin, Psychologie und Dichtung um 1800 diskutiert und literarisiert wird. Auch bevor der Verfolgungswahn in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Paranoia klassifiziert wird und somit einen festen Platz in der psychiatrischen Nosologie erhält, wird er von Medizinern, Psychologen und Literaten, wenn auch noch nicht auf der Basis fester Begrifflichkeiten, diskutiert. Diese bis jetzt noch nicht beachtete vor-paranoische Geschichte des Verfolgungswahns um 1800 soll in diesem Buch als ein Zusammenspiel von Medizin/Psychologie und Literatur rekonstruiert werden. Leitthese ist, dass in der literarischen Auseinandersetzung mit dem Verfolgungswahn ein verborgener Rest der medizinisch-psychologischen Sichtweise ausbuchstabiert und dieser als eine gleichwertige Alternative gegenübergestellt wird: die dämonische Dimension der Krankheit. In den Texten von Goethe, Tieck und Hoffmann wird der Verfolgungswahn also in ein Spannungsverhältnis von Medizin und Metaphysik gebracht, das es dem Leser unmöglich macht, sich für eines der beiden Lektüreangebote zu entscheiden.
Die hier versammelten Aufsätze verfolgen nicht nur das Neben- und Miteinander von Verbrechen mit Todesfolge und deren Detektion in der deutschen Literatur des langen 19. Jahrhunderts. Vielmehr steht die Frage im Fokus, ob es einen inneren Anschluss der Ermittlungspraktiken an die jeweiligen Tötungsarten gibt und welche Rolle dabei der konkreten Eigenlogik spezifischer Tötungsarten zukommt. Es wird in diesem Band gefahndet nach der verborgenen strukturellen Identität zwischen dem Mord, dem fundamentalen Bruch des Strafgesetzes, und den strafprozessrechtlichen Möglichkeiten, diesen aufzuklären – einer Identität, die im Medium der Literatur nicht nur dargestellt, sondern auch reflektiert wird.