Zeiterleben und Zeithandeln Erwerbstätiger
Eine methodenintegrative Studie
Wer sich mit der Zeitthematik im aktuellen Diskurs befasst, könnte meinen, auf eine moderne Diskussion gestoßen zu sein. Dabei hat bereits Seneca (wahrscheinlich 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.) ein Traktat über die Zeit verfasst, das den bemerkenswerten Titel „Von der Kürze des Lebens“ trägt und erstaunlich viel dessen zum Ausdruck bringt, was auch in gegenwärtigen zeitthematischen Reflexionen vorkommt. Seneca war überzeugt, dass nicht die Kürze des Lebens die Quelle menschlichen Leidens an der Zeit sei, sondern die Tendenz der Menschen, verschwenderisch mit ihrer Lebenszeit umzugehen. Er schrieb: „Wenn du das Leben zu brauchen verstehst, ist es lang.“ An jene, die aus verschiedenen Gründen am Leben vorbeileben, richtete er die Weisheit: „Wie spät ist es doch, dann mit dem Leben zu beginnen, wenn man es beenden muß!“ Viele Menschen verkaufen einen erheblichen Teil ihrer Zeit, da das Leben Geld kostet, und die meisten erhalten dieses Geld durch ihre Arbeitskraft. Bereits zu Senecas Zeiten neigten manche dazu, dem Geld einen höheren Wert als der Zeit beizumessen: „Jahresgehalt und Geldspenden nehmen die Menschen recht gern an, und dafür vermieten sie ihre Mühe oder ihre Sorgfalt; niemand schätzt die Zeit.“

