Hannah Arendt ist auf dem besten Weg, zu einer Klassikerin politischen Denkens zu werden. Werk und Person erfahren seit nunmehr über zwei Jahrzehnten eine Aufmerksamkeit, die weit über die Grenzen des akademischen Diskurses hinausreicht. Wie erklärt sich dieses nicht abreißende Interesse an der zu Lebzeiten höchst umstrittenen Autorin? Grit Straßenberger stellt Arendt als eine politische Denkerin vor, die Ereignis- und Ideengeschichte zu einer begriffstheoretisch innovativen und zugleich krisendiagnostisch zugespitzten Neuerzählung des Politischen verbindet. Als ein auf die Moderne bezogenes politiktheoretisches Problemdenken enthalten Arendts 'Übungen im politischen Denken' keine Vorschriften darüber, was gedacht werden soll, sie verfolgen vielmehr das Ziel, 'Erfahrung darin zu erwerben, wie man denkt'.
Grit Straßenberger Boeken


Von Hannah Arendt stammt der Satz: „Wenn wir den Boden der Erfahrung verlieren, dann gelangen wir in alle möglichen Arten von Theorie.“ Grit Straßenbergers Studie diskutiert, von Arendt ausgehend, verschiedene Strategien des Umgangs mit Erfahrungen. In derUnterscheidung von primären Lebenserfahrungen, von in Erzählungen tradierten Erfahrungen und solchen, die aufgrund ihrer politischen Wirkmächtigkeit exemplarischen Charakter besitzen, gelingt es der Autorin, einen spezifischen Typus politischen Denkens zu konturieren, der auf eine narrativistische Vermittlung von Theorie und Erfahrung abzielt. Dieser Typus politischen Denkens bezieht nicht nur Dichtung und Literatur in die theoretische Reflexion ein, sondern betont explizit die handlungsorientierende Bedeutung von Leidenschaften, Gefühlen und Vorurteilen - jener Elemente also, die üblicherweise aus der politischen Theorie verbannt werden. Narrativistische Theorie grenzt sich so vehement gegenüber dem Intellektualismus hegemonialer zeitgenössischer Strömungen politischen und philosophischen Denkens ab.