Fast 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Spuren in unserem Land noch präsent. Die Wunden sind zwar vernarbt, doch diese Narben haben eine neue Realität geschaffen. Die Nachkriegsgeneration, die klaglos die Folgen des Krieges trägt, bleibt erstaunlich schweigsam. Ihre Erfahrungen und Herausforderungen finden in der Psychotherapie kaum Beachtung. Diese Generation ist unauffällig, hat gelernt, die schreckliche Geschichte abzuspalten, während die Schrecken in ihnen weiterarbeiten und ihre Unbefangenheit bedrohen. Es kostet immense Kraft, diese Erinnerungen über Jahrzehnte zu verdrängen. Viele wissen nicht, wo sie hingehören oder wo ihre Wurzeln sind, und fühlen sich in dieser Welt verloren. Diese ist geprägt von Vorverurteilung, Selbstsucht und Gefühllosigkeit. Die Generation, um die es hier geht, ist heute zwischen 50 und 70 Jahre alt und empfindet die gegenwärtige Welt als unrealistisch – eine Wegwerfgesellschaft, die die Alten als lästig empfindet. Ihre Erfahrungen sind nicht gefragt, und sie werden oft mit ihren „vorgestrigen“ Ansichten als störend wahrgenommen. Diese Generation hat es schwer gehabt, sich in einer Welt zurechtzufinden, die von den traumatischen Erlebnissen ihrer Eltern geprägt ist. Diese haben den Krieg überlebt und mussten lernen, Emotionen abzublocken, um zu überleben und eine bessere Zukunft für ihre Kinder zu schaffen.
Irina von Thorma Boeken
