Die Zigeuner-Kolonien in Wittgenstein gelten als die ältesten Deutschlands. Der Autor beschreibt die Zuwanderung von Sinti-Familien in die Landschaft zwischen Rothaargebirge und Westerwald im 17. Jh., ihre Duldung und Niederlassung im 18. Jh. und den widerspruchsvollen Prozeß von Eingliederung und Zurückweisung im 19. und 20. Jh., der in der Vernichtung endete. Vor allem auf der Grundlage bislang weitgehend unbekannter Quellen werden die zunehmende Verflechtung der «zigeunerischen» Minderheit und der jenischen «Meckese» mit der Mehrheitsgesellschaft wie auch deren Abwehrstrategien sichtbar gemacht. Dabei entsteht ein farbiges Bild der Lebenssituation und der Alltagsbeziehungen zu den Eingesessenen und zu den staatlichen Autoritäten.
Ulrich Opfermann Boeken


„Stets korrekt und human“
Der Umgang der westdeutschen Justiz mit dem NS-Völkermord an den Sinti und Roma
Das Buch gibt erstmals einen systematischen Überblick zu einem bislang vernachlässigten Bereich der justiziellen Aufarbeitung des NS-Systems: dem Umgang mit den Verbrechen an den Sinti und Roma in westdeutschen NSG-Verfahren unter Einbezug des Tatraums Osteuropa. Die akribisch recherchierte Studie stellt zahlreiche Verfahren vor. Sie informiert über die rechtlichen Voraussetzungen des westdeutschen justiziellen Sonderwegs, zeichnet den Verfahrensgang nach und fragt nach den Rollen der Beschuldigten und Zeugen sowie des Justizpersonals. Im Mittelpunkt steht das als Großverfahren neben dem ersten Auschwitz-Prozess geplante Sammelverfahren zum „Zigeunerkomplex“ (1958–1970), das entgegen seinem Anspruch kaum Resonanz entfaltete und heute weitgehend vergessen ist.