Mittelassyrische Verwaltung und Sozialstruktur
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Band III der Ritualbeschreibungen und Gebete aus Assur bietet die kritische Edition von 74 keilschriftlichen Manuskripten, die während der Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in der ehemaligen assyrischen Hauptstadt Assur entdeckt wurden. Ein wesentlicher Teil der Texte umfasst Gebete, die auf Könige der mittelassyrischen und frühneuassyrischen Periode zurückgehen. Diese Gebete sind an Hauptgottheiten des Pantheons gerichtet und gewähren Einblicke in das Selbstverständnis der Herrscher in ihrer Beziehung zur göttlichen Sphäre. Ein weiterer Abschnitt widmet sich der 'Beschwörungskunst', die das Wirken assyrischer Experten in der Behandlung von Krankheiten sowie dem Schutz vor Schadenzaubern und Dämonen reflektiert. Die Therapieverfahren kombinieren magische Rezitationen und medizinische Methoden. Zudem thematisieren einige Texte die Verbindung des Menschen zu den Göttern durch rituelle Handlungen in den Tempeln von Assur, einschließlich Gebeten während einer Götterspeisung und Ritualen in der Cella des Gottes Assur. Einige Tafeln stammen nachweislich aus dem Assur-Tempel, dem 'Archiv der Sänger' oder dem 'Haus des Beschwörungspriesters', während die Herkunft anderer Texte aus diesen Komplexen nur vermutet werden kann.
Während der Regierungszeit des Königs Tukulti-Ninurta I. (1233−1197) kam die Expansion des mittelassyrischen Reiches, die knapp ein Jahrhundert zuvor ihren Anfang genommen hatte, zu einem vorläufi gen Höhepunkt. Spätestens nach dem Sieg über den südlichen Nachbarn und Erzrivalen Babylon war Assyrien im Kreis der Großmächte Vorderasiens zur bestimmenden Macht geworden. In den eroberten Gebieten des Westens (Gezira, Euphratgebiet) erfolgte der konsequente Ausbau eines Netzes administrativer Zentren, zu dem auch die Stadt Harbe (modern Tell Chuera) gehörte. Hier fand sich in einem offiziellen Gebäude der mittelassyrischen Siedlung ein Archiv mit administrativen Urkunden und Briefen, die über einen Zeitraum von etwa anderthalb Dekaden die Organisation der staatlichen Ökonomie, militärische Aktivitäten und nicht zuletzt die Abfertigung durchreisender Kuriere und ausländischer Diplomaten aus Hatti, Ägypten und der Levante dokumentieren. Die insgesamt 112 Texte und Textfragmente erlauben so bisher nicht gekannte Einblicke in den Alltag einer assyrischen Distrikthauptstadt vor der Wende vom 13. zum 12. Jahrhundert v. Chr.