Während allenthalben von den »Grenzen des Wachstums« gesprochen wird, löst sich das Geld zusehends von der Materie, es verschwindet aus unserer sinnlichen Erfahrung, scheint sich hinter unserem Rücken umso machtvoller auszudehnen und seine unheilvolle Logik noch bedingungsloser auszubauen. Kurz bevor der Prozess seiner Entmaterialisierung zum Abschluss gekommen ist, ergreifen Aldo Haesler, Frank Engster und Oliver Schlaudt die vielleicht letzte Gelegenheit, die Logik des Geldes offenzulegen. Ihre Leitfrage lautet: Worauf lassen wir uns eigentlich ein, wenn wir das Geld in die Hand nehmen? Geld, heißt es, macht Handel und Tausch flüssiger, erlaubt uns, unsere Schulden zu tilgen, den Wert zu bemessen und rationale Entscheidungen zu treffen, indem wir Kosten und Nutzen beziffern. Aber zu welchem Preis? Was verlangt es für seine Dienste? Wir glauben zu wissen, wofür wir das Geld benutzen – doch wozu benutzt das Geld uns? Wenn wir uns der Illusion hingeben, das Geld gratis für unsere Belange verwenden zu können, hat es uns längst seine Ökonomie, seine Welt und seine Vernunft untergeschoben. Man weiß, dass Geld ökonomisch keineswegs neutral ist, sondern die Wirtschaft vielmehr grundlegend verändert, etwa durch die Entstehung einer Finanzindustrie. Die Kleine Philosophie des Geldes im Augenblick seines Verschwindens zeigt, dass es auch metaphysisch nicht neutral ist.
Frank Engster Boeken



Es gibt ein wachsendes Bedürfnis nach Kapitalismuskritik, doch die Frage bleibt, ob diese Kritik den Anforderungen ihrer Thematik gerecht wird. Eine radikale Kritik muss nicht nur die kapitalistische Gesellschaft analysieren, sondern auch die Möglichkeit ihrer eigenen Analyse hinterfragen: Warum können wir unsere Vergesellschaftung als Objekt betrachten? Und wie sollte eine angemessene kritische Darstellung aussehen, die der kritisierten Gesellschaft entspricht? Hierbei zielen die Dialektiken von Hegel und Marx auf eine Entsprechung ab, wobei das Kritisierte – Hegels Geist oder Marxs kapitalistische Gesellschaft – das Maß der kritischen Darstellung vorgibt. Eine solche Darstellung muss mit der Kritik dieses Maßes beginnen. Das Maß der kapitalistischen Gesellschaft ist das Geld. Es fungiert als blinder Fleck in der bisherigen Gesellschaftskritik und wird gleichzeitig zum zentralen Maß. Geld ist das Maß für die Ökonomie, die es misst, indem es in den Warenwerten die produktive Kraft der Produktion realisiert. Diese sich im Geld selbst messende Ökonomie kann nur angemessen als „Ökonomie der Zeit“ (Marx) verstanden werden. Das Geld ist das große Rätsel unserer Vergesellschaftung, da es sowohl eine Lösung darstellt als auch zeitlich ist: Es begründet durch seine Funktionen und die realisierte Produktivkraft das zeitliche Selbstverhältnis unserer Gesellschaft.