Die zunehmende leistungsbezogene Heterogenität und sprachliche Vielfalt in deutschen Schulklassen stellt Lehrer*innen und damit auch die Lehrer*innenbildung vor neue Aufgaben. Der konstruktive und produktive Umgang mit der Heterogenität der Schüler*innen erfordert von (angehende) Lehrkräfte nicht zuletzt auch den Erwerb von spezifischem Wissen bzw. spezifischen Kompetenzen. Der vorliegende Band setzt hier an und arbeitet für erste Phase der Lehrer*innenbildung unterschiedliche Ansatzpunkte für die Bearbeitung dieser Anforderungen heraus. Neben konkreten Vorschlägen für die Entwicklung von Curricula an Universitäten werden Seminarkonzepte reflektiert und Ergebnisse von Studien berichtet. Darüber hinaus liefert der vorliegende Band Impulse für Lehrkräfte und Führungspersönlichkeiten an Schulen, wie sie im unterrichtlichen Alltag diesen Entwicklungsaufgaben evidenzbasiert begegnen können.
Karina Karst Boeken



Den diagnostischen Kompetenzen von Lehrern wird von bildungswissenschaftlicher und bildungspolitischer Seite eine hohe Bedeutung für die positive Lernentwicklung der Schüler zugeschrieben. Eine gezielte Auseinandersetzung mit dem theoretischen Konstrukt „Diagnostische Kompetenz“ im Sinne einer Kompetenzmodellierung ist in der Forschungslandschaft jedoch bislang offen. Diese Studie zielt auf eine präzise Analyse und integriert drei Teilziele. Erstens wird ein theoretisches Strukturmodell formuliert, das diagnostische Unterrichtssituationen und drei Arten diagnostischen Wissens der Lehrer einbezieht, woraus zehn empirisch identifizierbare, situationsspezifische diagnostische Teilkompetenzen resultieren. Zweitens erfolgt die Auswahl eines psychometrischen Modells, um das theoretische Modell abzubilden, wobei auf die Varianzkomponentenanalyse der Generalisierbarkeitstheorie zurückgegriffen wird. Die berechneten Varianzkomponenten können als Kennwerte diagnostischer Kompetenzen interpretiert werden. Drittens wird ein modellbasiertes Messverfahren entwickelt. Das Kompetenzmodell bietet einen Ausgangspunkt für zukünftige Forschung, um differenzierte Erkenntnisse über diagnostische Kompetenzen von Lehrern zu gewinnen und deren prädiktive Kraft für den schulischen Lernerfolg bei Schülern zu erforschen. Die Datenbasis stammt aus dem Projekt „Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern“ (PERLE).