Theologen waren ein fester Bestandteil des «Theaters des Tötens». Sie gingen bei Hinrichtungen dem Armesünderzug vom Gefängnis zur Richtstätte voran und hatten die Aufgabe, sich nach der Vollstreckung des Urteils in einer Ansprache ans Publikum zu wenden. Der Standrede kam dabei eine doppelte Funktion zu. Einerseits sollte sie dem richterlichen Urteilsspruch Legitimität verschaffen, indem die Geistlichen die sittlichen Verfehlungen in den Biografien der Täterinnen und Täter aufspürten, die zum Abgleiten in die Kriminalität geführt hatten. Andererseits diente sie der Abschreckung, da sie den Zuschauerinnen und Zuschauern die Gefahren einer unangepassten, eigensinnigen Lebensweise deutlich machen sollte. Die vorliegende Edition versammelt für den Zeitraum von 1700 bis 1850 ein umfassendes Korpus dieser bislang eher marginal behandelten Predigtgattung und macht sie so als Quelle für kulturhistorische Studien zugänglich.
Philipp Hubmann Boeken


Soziale Medien haben die Art und Weise, wie wir das Internet wahrnehmen und nutzen, entscheidend verändert. Die anhaltende Popularität von Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube, Twitter oder Snapchat, die alle zwischen 2004 und 2011 gegründet worden sind, hat dabei längst begonnen, auch die ästhetischen Normen und Kommunikationsmodi des literarischen Felds zu beeinflussen. Das Aufkommen von Konzepten wie „uncreative writing“, „instantanes Schreiben“ oder „ubiquitäre Literatur“ sowie das Entstehen neuer Genres wie der „Twitteratur“ oder „Instapoesie“ verdeutlichen, dass sich die Literaturwissenschaft zurzeit einmal mehr in einem dynamischen Transformationsprozess befindet. Das aktuelle Themenheft der Variations versammelt daher deutsch-, französisch- und englischsprachige Beiträge, um die bildlichen, performativen und textuellen Erzählformen des Web 2.0 aus einer literatur- und kulturwissenschaftlichen Perspektive zu analysieren.