Sechs Mal besuchte Hennric Jokeit seit 2009 Kapstadt und die Region. Während seiner privaten und wissenschaftlichen Aufenthalte in Südafrika begann er, Zentren und Ränder sich wandelnder urbaner Topographien der Kapregion zu fotografieren. GOODHOPE, sein aktuelles Buch, verbindet diese Bilder von Südafrikas ältester Stadt zu einem Essay über den postglobalisierten Kapitalismus in einer noch immer von den Folgen der Apartheid geprägten Gesellschaft. Der radiologisch-diagnostisch anmutende Blick des neuen Buches, der bereits “Negative Vision” (Peperoni Books, 2016) zugrunde liegt, unterläuft Sehgewohnheiten dadurch, dass Bilder zwischen ihrer negativen Präsentation und einer positven Interpretation zu oszillieren scheinen. “Diagnosing hope in a ruined paradise”, so übertitelte der bedeutende südafrikanische Kunstkritiker und Autor Sean O’Toole seinen das Buch begleitenden Text. Er beschreibt darin landschaftliche und sozioökonomische Transformationen der Kapregion von einem agrarisch geprägten Außenposten des Empire bis in die neoliberale Gegenwart Südafrikas. GOODHOPE endet mit einer Serie von neun “negativen” Portraits, die mit einer für das Melanin der Haut unempfindlichen Infrarotkamera aufgenommen und im Buch in einem Silber-Duotone Verfahren auf durchgeschwärztem Papier gedruckt wurden.
Hennric Jokeit Boeken


›Wir können Negativität denken, nicht aber mit eigenen Augen sehen.‹ Dieser Satz von Hennric Jokeit verdeutlicht seinen künstlerischen Ansatz. Er interessiert sich sowohl für das Denken als auch für das Sehen und deren Wechselwirkungen. In der Flut visueller Eindrücke erfolgt eine vertiefte Verarbeitung nur, wenn das Gesehene neu oder bedeutungsvoll ist; Bekanntes wird ausgeblendet. Das Negativ bleibt jedoch unabhängig vom Motiv eine Herausforderung für unsere Wahrnehmung. Jokeit experimentiert mit verschiedenen analogen Negativtechniken, entwickelt Diafilme negativ oder belichtet Fotopapier direkt in der Kassette einer Großformatkamera. Er fotografiert Natur, Architektur und alltägliche Gegenstände. Diese vertrauten Motive erscheinen in ungewohnter Form und teils eigenartig blassen Farben. Wir versuchen, positiv zu denken – doch das gelingt nicht. Die Bilder bewahren ihr Mysterium. Der Effekt bleibt erhalten, auch dank der Sorgfalt, mit der der Fotograf seine Motive ausgewählt und in diesem Buch zusammengestellt hat. Es bleibt spannend bis zum Schluss. Dieses grandiose Werk setzt sich intensiv mit den Ursprüngen der Fotografie und ihrer aktuellen Rezeption in einer digitalisierten Welt auseinander – ein seltener Glücksfall.