Die Diskussion über das soziale Konstrukt der Kindheit und das Kindsein bildet den zentralen Aspekt dieses Buches. Es beleuchtet, wie Fachkräfte in Kindereinrichtungen der Sozialen Arbeit ihre pädagogischen Konzepte entwickeln können, basierend auf den aktuellen Theorien und Erkenntnissen der Erziehungswissenschaften. Dabei wird der Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen sozialen Rahmenbedingungen und den Erfahrungen von Kindern gelegt, um eine fundierte Grundlage für die Praxis zu schaffen.
Textprobe: Kapitel 5 Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland: Die
Entwicklung der Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland lässt sich in seiner
Tradition bis auf das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 zurückführen. In
diesem wurde erstmals das Recht auf Erziehung für jedes deutsche Kind
festgelegt. Es muss allerdings betont werden, dass ausländische Kinder nicht
miteinbezogen waren. In der Bundesrepublik Deutschland wurde erst im Jahr 1959
ein Passus des BGB gestrichen, der es dem Vater erlaubt hat, seine Kinder zu
züchtigen. Dieser Passus bestand seit 1900 im BGB. Mit der großen
Sorgerechtsreform 1980 wurde den Kindern erstmals ein Mitspracherecht an allen
sie betreffenden Entscheidungen rechtsverbindlich eingeräumt. Darüber hinaus
wurde der Begriff elterliche Gewalt durch elterliche Sorge ersetzt. Als
nächster Schritt ist die Einführung des SGB Achtes Buch, das Kinder- und
Jugendhilfegesetz, im Jahre 1990 zu sehen, in dem Kinder erstmals als Träger
eigener Rechte anerkannt wurden. Die Bundesrepublik Deutschland hat 1992 die
UN-Kinderrechtskonvention, drei Jahre nach ihrer Entstehung ratifiziert. Bis
2010 bestand eine fünfteilige Vorbehaltserklärung, die erst 2010
zurückgenommen wurde. Die UN-KRK gilt erst 2010 komplett in Deutschland gilt.
Der wichtigste der fünf Vorbehalte bezog sich darauf, dass das Ausländerrecht
Vorrang vor der Kinderrechtskonvention hat und somit Flüchtlingskinder nicht
die gleichen Rechte hatten wie deutsche Kinder. In den Jahren 2004 und 2009
hat Deutschland die beiden ersten Fakultativprotokolle ratifiziert. Das dritte
Fakultativprotokoll wurde im Jahr 2014 ratifiziert. In Bezug auf die
Kinderrechte wurden in Deutschland auch in der Zwischenzeit noch weitere
Schritte auf bundesgesetzlicher Ebene gemacht. So war zum Beispiel die
Kindschaftsrechtsreform von 1998 dafür verantwortlich, dass Kinder unabhängig
davon, ob sie ehelich oder nicht ehelich waren, rechtlich gleichgestellt
wurden. Zudem wurde nun die Möglichkeit geschaffen, dass Kindern in
rechtlichen Verfahren, die ihre elterliche Sorge betreffen, einen
Verfahrensbeistand zur Seite gestellt wird. Dies ist insofern wichtig, dass
dieser speziell die Interessen des Kindes vertreten kann. Nicht zuletzt ist
die Neufassung des Paragraphen 1631 Absatz 2 des BGB mit der wörtlichen
Verankerung des Rechtes auf eine gewaltfreie Erziehung als wichtiger Schritt
zur Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland zu werten. Auch mit der
Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung,
die einige Rechte in Bezug auf Kinder enthält, hat Deutschland einen wichtigen
Schritt in der Umsetzung der Kinderrechte getan. Für die Bundesrepublik
Deutschland lassen sich nur erschwert verlässliche Statistiken über die
Bekanntheit von Kinderrechten, insbesondere der UN-Kinderrechtskonvention
finden. Das Flash Eurobarometer gibt für die Altersgruppe 15-18 die
Bekanntheit der Kinderrechte in den damaligen 27 EU-Staaten im Jahre 2009
wieder. Im EU-Schnitt liegt der Bekanntheitsgrad für die Kinderrechte bei 65%.
In der Bundesrepublik Deutschland haben die 15-18 Jährigen allerdings nur zu
58% Kenntnis darüber, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen eigene Rechte
genießen. Mit dem Wert 58% befand sich die Bundesrepublik Deutschland 2009
unter den letzten sechs Staaten (Niederlande, Ungarn, Dänemark, Österreich und
Spanien), in denen die Bekanntheit am geringsten war. In den Niederlanden
waren die Kinderrechte nur zu 39% bekannt, während Rumänien mit 83%
Bekanntheit der Kinderrechte den Spitzenplatz einnahm. Gerade für die Soziale
Arbeit ist es allerdings notwendig, sich nicht nur der Situation der
Kinderrechte in Deutschland bewusst zu sein, da es gerade in der Arbeit mit
geflüchteten Menschen und Migranten Berührungspunkte in der Umsetzung von
Kinderrechten weltweit gibt. So gehören Kinder (...) mit ihren Müttern zur
überwiegenden Mehrzahl jener Menschen auf unserer Welt, die unter Krankheiten
leiden u