Sofia heiratet Wladimir, und der Zar wünscht der Tochter seines Generals Glück. Doch das junge Mädchen liebt ihren Mann nicht: Mariage blanc, um im Ausland studieren zu können. Ohne Ehemann kein Paß, ohne Paß keine Reisemöglichkeit. Sofia Kowalewskaja ist nur eine von vielen jungen Frauen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts Rußland verlassen, sich an Schweizer Universitäten oder in Paris einschreiben, politisch engagieren und sich von alten gesellschaftlichen Strukturen emanzipieren. Ihr Ziel ist eine radikale Veränderung der politischen und sozialen Verhältnisse in Rußland. Bärbel Reetz, die während ihrer Arbeit an einem Roman über Sabina Spielrein den Wunsch entwickelte, über russische Frauen zu schreiben, hat präzise die Lebensgeschichten der Frauen recherchiert, die sie als „Lenins Schwestern“ an die Seite des Mannes stellt, dessen Name mit dem Umsturz in Rußland verbunden ist. Es sind Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen und Revolutionärinnen wie Marianne von Werefkin, Alexandra Kollontai und Vera Figner, die sich leidenschaftlich für die utopischen Entwürfe ihrer Zeit – Sozialismus, Marxismus und Psychoanalyse – engagierten und von ihrem Gelingen und Scheitern in Zeiten dramatischer gesellschaftlicher Umbrüche erzählen.
Bärbel Reetz Boeken






Im März 1925 schreibt Mia Hesse, die erste Ehefrau Hesses und Mutter seiner drei Söhne, an eine Freundin: »Ich fühle mich nicht mehr mit ihm verbunden. Ich könnte nie mehr mich seiner Überlegenheit fügen. Das ist vorbei, denn er kann mir nur noch als Dichter etwas geben.« Da war Hermann Hesse bereits seit zehn Monate mit der 20 Jahre jüngeren Sängerin Ruth Wenger verheiratet, von der er sich 1927 scheiden ließ, um vier Jahre darauf die 19 Jahre jüngere Ninon Dolbin-Ausländer zu heiraten. Man kennt ihn, den Dichter Hermann Hesse. Sein Werk: in aller Welt. Über seine Frauen weiß man wenig. Nur eine seiner Frauen, Ruth Wenger, hat fast ein halbes Jahrhundert nach der Scheidung, auf wenigen Seiten ihre Erinnerungen notiert - verbittert darüber, »daß die Bedeutung, die ich in Hermann Hesses Leben hatte, in allen Biographien verschwiegen, verwischt, tot geschwiegen wurde.« Gestützt auf Dokumente aus dem Nachlaß, darunter zahlreiche unveröffentlichte Briefe, richtet Bärbel Reetz ihren Blick auf Hermann Hesses Frauen, die Fotografin Maria Bernouilli, die Sängerin Ruth Wenger und die Kunsthistorikerin Ninon Dolbin-Ausländer. Der Band enthält zahlreiche, bisher unveröffentlichte Abbildungen. Drei Ehen, zwei Scheidungen, drei Schicksale. Indem Bärbel Reetz die Porträts dreier ungewöhnlicher Frauen zeichnet, macht sie auch neue, bisher wenig beachtete Facetten der Persönlichkeit Hesses sichtbar.
Meret Oppenheim (1913–1985) wurde berühmt durch ihr pelzüberzogenes Kaffeegedeck »Déjeuner en fourrure«. Sie war eine bedeutende Künstlerin, die in Paris mit Surrealisten arbeitete und trotz persönlicher Krisen ihren künstlerischen Weg verfolgte. Bärbel Reetz präsentiert nun die erste deutschsprachige Biografie, die Oppenheims Leben und Werk literarisch beleuchtet.
Die russische Patientin ist die Geschichte der Russin und Jüdin Sabina Spielrein, der »Frau zwischen Jung und Freud«, die ihr unruhiges und leidenschaftliches Leben zwischen Ost und West der Psychoanalyse und dem Sozialismus widmete und in Rußland beides miteinander verbinden wollte. Ein Roman von Aufbruch und Scheitern, Liebe, Verzicht und der Suche nach Erlösung.
Abgetaucht
Geschichten
Eine Frau verläßt ihren Mann, flieht in die Einsamkeit am Meer – und macht eine unvorhergesehene Bekanntschaft. Ein Mann verschwindet aus seinem Büro, eine Studentin in der argentinischen Einöde, ein Tourist verfehlt sein Reiseziel. Menschen tauchen ab aus dem gewohnten Leben. Für Augenblicke. Für Stunden. Für immer. Nichts ist wie zuvor. Alles steht in Frage, kippt aus der Normalität. Im Spiegel: ein fremdes Gesicht. In zwölf Erzählungen umkreist Bärbel Reetz Obsessionen und Sehnsüchte, die zu Fluchten führen. Unversehens wandelt sich Alltägliches ins Geheimnisvoll-Phantastische und im scheinbar Normalen werden existentielle Risse und Brüche sichtbar, wie in der Erzählung Virginia oder die Gleichzeitigkeit . Da taucht uns die Autorin in einem Akt der Beschwörung in eine Gleichzeitigkeit von Gegenwart und Vergangenheit, Leben und Sterben, »... ein bewundernswert dicht komponierter und vielschichtiger Text« ( Sigrid Löffler ).