Christine Haidegger spannt in ihrem neuen Lyrikband einen Bogen aus starken, zärtlichen Gedichten, die von Kindheitserinnerungen bis hin zu Reflexionen über das Altern und den Tod reichen. Ihre Verse erkunden verschiedene Orte und Naturmomente, während sie eine ungekünstelte Beziehung zur Sprache zeigt.
In ihrem neuen Erzählband „Nach dem Fest“ führt uns Christine Haidegger an die unterschiedlichsten Orte: in Salzburg etwa entwirft sie ein Zukunftsszenario, in dem die Altstadt mit einer hohen Plexiglaswand eingefasst und von einer Kuppel überspannt ist. Die Touristenströme werden ebenso reguliert wie die Besucherzahl der Einheimischen, die für die Innenstadt eine Dauerkarte besitzen. In Venedig hingegen ist alles zugänglich. Dort treffen wir die Übersetzerin Anna, die einige Sommerwochen zum Arbeiten in der Lagunenstadt verbringt. Ihr Leben unter den alteingesessenen Venezianern, die Gespräche beim Weinhändler, in einem Friseursalon oder in einer kleinen Bar fernab der touristischen Attraktionen, zeigt uns einen wohltuend anderen Blick auf das mit Klischees überladene Venedig. Ernst wird es dort, wo ein einsamer Mann aufs Meer blickt und seine Frau vermisst; wo ein nicht minder einsamer eine Frau grausam tötet, in der er seine Mutter sieht. Und tieftraurig in jenem Haus in der österreichischen Provinz, in dem ein Ehepaar seit vielen Jahrzehnten zusammenlebt. Der Mann weiß nicht, wie er seiner Frau die Nachricht überbringen soll, die das Familienleben verändern wird. Er verschiebt die Aussprache auf die Tage nach dem Fest - nichtsahnend, dass auch seine Frau ein schreckliches Geheimnis mit sich trägt.
Irene, ein elfjähriges Mädchen, wächst in der postfaschistischen Zeit der 40er Jahre auf. Der Vater ist im Krieg verschollen. Die liebevolle, fürsorgliche Mutter wünscht sich, dass ihre Tochter es einmal besser hat, arbeitet hart und schickt das begabte Mädchen durch enormen Einsatz und Selbstverzicht ins Internat einer ELITESCHULE. Die Großmutter lehnt diesen BILDUNGSBLÖDSINN ab, möchte ihre Enkeltochter später lieber als gute Ehefrau und Mutter erzogen wissen. Im Internat werden die Mädchen mit strenger Hand geführt und geformt. Schuluniformen und Nummern statt Namen sollen – so lautet zumindest die offizielle Version der Schule – keine SOZIALEN UNTERSCHIEDE zulassen. Verstöße gegen die Internatsregeln werden, ganz im Sinne des autoritären Geis - tes des noch nachwirkenden Nationalsozialismus, mit harten Disziplinierungs - maßnahmen geahndet. Irene leidet unter sozialer Ausgrenzung und erfährt einen enormen Leistungsdruck. Im Tagebuchschreiben findet sie Zuflucht und skizziert ein komplexes Porträt dieser Nachkriegsgesellschaft und der – für diese Zeit nicht unüblichen – harschen Internatszustände, erzählt aus einer wachen kindlichen Perspektive. Christine Haidegger setzt sich mit ihrem Erstlingsroman Zum Fenster hinaus (Neuauflage) eingehend mit der Lebenswelt und dem vorherrschenden Zeitgeist der Nachkriegsjahre, dem Warten auf Heimkehrer, Wiederaufbau und Verdrän - gung auseinander. Themen, die bis heute ihre Aktualität behalten haben.
Es ist ihr Lebensbericht, den Elisabeth einem jungen Arzt erzählt. Sie ist erst siebenundzwanzig. Früh war der Vater gestorben und die Kindheit nach dem Ersten Weltkrieg in dem kleinen Dorf in Deutschland voll Entbehrungen. Die Mutter ist eine schweigsame und strenge Frau. Erst viele Jahre später, kurz vor ihrem Tod, wird Elisabeth ihr nahe sein. Aus dem Kind reift eine selbstbewusste Frau heran, die ihr Leben trotz vieler Schicksalsschläge zu meistern versteht. Bei einem Urlaub in der Ostmark lernt sie ihren Mann kennen und lieben. Doch der Krieg Nazideutschlands setzt dem Glück ein jähes Ende. In ihrem Schmerz begeht Elisabeth einen Akt des Widerstandes, der ihr einzig richtig erscheint. In ihrem neuen Roman schildert Christine Haidegger ein authentisches Stimmungsbild der Zwischenkriegszeit. Bisher nur mit der unmittelbaren Gegenwart beschäftigt, wird aus einer jungen Frau eine Beobachterin der politischen Verhältnisse. In den schwierigsten Zeiten des 20. Jahrhunderts wächst sie durch Selbstbestimmung und Anteilnahme über sich selbst hinaus.