Mit den Schulleistungsstudien PISA und PIRLS befinden wir uns in einer Phase der Internationalisierung der Bildungsdiskussion, die nachhaltige Konsequenzen für die Steuerung des Bildungssystems und die innere Entwicklung von Schule und Unterricht hat. Wie sich die europäischen Länder auf die Anforderungen der Wissensgesellschaft einstellen und den gesellschaftlichen Auftrag der Integration und der Partizipation durch Bildung im Primarbereich einlösen, ist eine zentrale bildungspolitische Frage. Dieser Band beschreibt vielfältige Versuche, dem gerecht zu werden, und dokumentiert neueste Forschungsvorhaben zu diesem Thema.
Kindheitsforschung und Schulpädagogik gelten als „getrennte Welten“. In diesem Band wird dem ungeklärten Verhältnis von Kindheitsforschung und Grundschulpädagogik nachgegangen und die wechselseitige Bedeutung der unabhängig voneinander entwickelten Disziplinen von Grundschul- und Kindheitsforschung wird herausgearbeitet. Dies geschieht in einer systematischen Diskussion historischer kinderwissenschaftlicher wie aktueller kindheitstheoretischer Ansätze und deren Bezug zu Grundschulpädagogik und Grundschulforschung. Die Gemeinsamkeiten von Kindheitsforschung und Grundschulforschung fokussieren auf dem Akteurskonzept von kindlicher Entwicklung und Lernen, gemeinsamen Bezugswissenschaften wie einer qualitativen erziehungswissenschaftlichen Methodologie. Bilanzierend im Hinblick auf Kinder, Kindheit und Lernen wird eine ethnographisch orientierte interdisziplinäre Forschung im Feld von Schule postuliert, welche die Lern- und Peerkultur zum gemeinsamen Bezugspunkt von Grundschul- und Kindheitsforschung macht.
Zuschreibung von Fremdheit, (Alltags-)Rassismus, soziale Ein- und Ausschlüsse – dies sind nur Beispiele für die zahlreichen Herausforderungen, denen junge Geflüchtete im Kontext von Flucht- und Migrationsprozessen begegnen. Doch wie genau vollziehen sich Selbst- und Fremdpositionierungen junger Geflüchteter in den Aufnahmeräumen Griechenlands, Maltas, der Türkei, Deutschlands und der Schweiz? Der Sammelband untersucht im Rahmen einer migrations- und erziehungswissenschaftlichen Analyse Entgrenzungen, Begrenzungen und Verortungen migrierter Kinder und Jugendlicher, wie sie sich unter der Maßgabe der Migrationspolitiken europäischer Länder abspielen. Darüber hinaus nehmen die Autor*innen transnationale Zwischenwelten in den Blick und beleuchten die Erschaffung neuer Selbstverständnisse und Handlungsformen sowie die Entstehung von Mehrfachzugehörigkeiten.
Das Buch wendet sich in seiner interdisziplinären Ausrichtung an alle Berufsgruppen, die im früh- und grundschulpädagogischen Bereich mit Kindern interagieren und kommunizieren, sie begleiten und fördern, sowie an Eltern und weitere Interessenten. Dem Charakter eines kompakten Lehrbuchs entsprechend werden folgende Schwerpunktthemen erörtert: Sprachliche Diversität im Einwanderungskontext, Aufwachsen in mehreren Sprachen mit Fallbeispielen, bilingualer und biliteraler Spracherwerb, Meilensteine und Störungen der Sprachentwicklung, Sprachdiagnostik, Modelle mehrsprachiger Erziehung und Schulentwicklung, Sprachbildung und alltagsintegrierte Förderung in der Tagespflege, Krippe, Kindertagesstätte und Grundschule.
Im Band „Fachbezogene Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache“ werden theoretische und empirische Befunde zur Förderung bildungssprachlicher Kompetenzen im Fachunterricht diskutiert. Mit seinem Fokus auf Lernende mit Deutsch als Zweitsprache wendet sich der Band sowohl an die Fachöffentlichkeit als auch an die pädagogische Praxis auf allen Stufen des Bildungssystems.
Die Reformschule Kassel ist eine der vier hessischen Versuchsschulen, die mehr als 500 Kinder und Jugendliche vom fünften Lebensjahr bis zum mittleren Schulabschluss aufnimmt. Ein zentrales Ziel ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse und die Förderung solider Fähigkeiten, die jedoch nicht isoliert von der Realität stehen sollen. Um jungen Menschen die notwendigen Voraussetzungen für ihr zukünftiges Leben zu bieten, muss sich die Schule anpassen, damit ihre Absolventen in einer komplexen Welt bestehen können. Das Buch dokumentiert, wie die Reformschule dieser Herausforderung begegnet. Grundschulkinder der Stufen I und II lernen, selbstständig mit Sprache und Schrift umzugehen und setzen sich ernsthaft mit Fragen aus Natur und Technik auseinander. In der Stufe III führen die Schüler Projekte eigenständig oder im Team durch, von der Planung bis zur Präsentation. In der Stufe IV steigen die Anforderungen und der Selbstanspruch der Schüler. Neben dem regulären Unterricht erstellen sie eine Halbjahresarbeit und absolvieren Praktika, die sie selbst auswählen. Lehrer müssen sich ständig neuen Situationen stellen, da die Schüler viele eigene Ideen im Unterricht umsetzen können. Das Buch enthält zahlreiche Berichte der Lehrkräfte über ihre Erfahrungen und beginnt mit einer wissenschaftlichen Beurteilung wesentlicher Aspekte der Reformschule.
Die sprachliche Förderung von Kindern aus Migrationsfamilien ist ein zentrales Thema in der bildungspolitischen Diskussion. Zweisprachigkeit in der frühen Kindheit ist entscheidend für die sprachliche und geistige Entwicklung. Wenn die Erstsprache in Bildungseinrichtungen ignoriert wird, kann das bereits vorhandene Wissen der Migrantenkinder nicht effektiv in den Zweitspracherwerb integriert werden. Einsprachige Förderkonzepte betrachten oft die sprachliche Entwicklung als defizitär. Erfolgreiche Modelle berücksichtigen sowohl die Erstsprache als auch die Zweitsprache didaktisch. Nachhaltige Sprachlernprozesse erfordern eine langfristige Förderung in der Zweitsprache. Alle vorgestellten Konzepte der Sprachförderung für Migrantenkinder sollten unter diesem Aspekt bewertet werden. Die Beiträge zur Diagnose der Sprachentwicklung und zur Förderung von Deutsch als Zweitsprache in Kitas und Schulen reflektieren Mehrsprachigkeit, sind jedoch auf den Erwerb der deutschen Sprache fokussiert. Die Diskussion wird durch Beiträge von Fachleuten wie Christiane Bainski, Gerlind Belke, Inci Dirim und anderen ergänzt, die praxisnahe Ansätze zur Unterstützung der sprachlichen Entwicklung von Kindern aus Migrationsfamilien bieten.