Mohamed und die Sünde von Sodom Junge Männer türkischer/kurdischer Herkunft werden in Deutschland nach wie vor als fremdländisch angesehen, kennen aber die Türkei oft nur noch als Urlaubsland. Auf dieses Situation reagieren sie mit Überanpassung, Überbetonung der nationalen Herkunft oder eine souveräne Haltung des „Die Deutschen wollen mich nicht, zu den Türken gehöre ich nicht: Ich mach mein eigenes Ding“. Schwule Männer und Jugendliche aus muslimischen Migrantenfamilien stecken zudem in einem doppelten Dilemma: In der Schwulenszene gelten sie oft genug als Exoten, als Fremde, auf jeden Fall gehören sie nur selten zum Alltag in der Gay Community. Für ihre besondere Situationen als Migranten mit türkischem, arabischem und iranischem Hintergrund interessieren sich deutsche Schwule aber nur selten. Von ihrer Herkunftsfamilie und -gemeinschaft werden sie wegen ihrer sexuellen Orientierung zumeist ausgegrenzt, wenn diese überhaupt davon erfahren darf. Und wie stehen sie in ihren Cliquen, unter ihren gleichaltrigen Freunden da? Das vorliegende Buch will das Bewusstsein für die besondere Situation schwuler Männer aus muslimischen Migrantenfamilien in Deutschland schärfen und Anstöße für eine Diskussion liefern. Es gibt einen Überblick über die Lage in einigen Kernländern des Islam, einen Einblick in die Arbeit schwullesbischer MigrantInnen-Gruppen aus der Türkei und eröffnet einen schwulen Blick auf den Koran. Aus dem Inhalt: Renate Dieterich: Zum Verhältnis von Staat und Religion in der Türkei und im Iran Andreas Ismail Mohr: Das Volk Lots und die Jünglinge des Paradieses. Zur Homosexualität in der Religion des Islam Michael Bochow: Sex unter Männern oder schwuler Sex. Zur sozialen Konstruktion von Männlichkeit unter türkisch-, kurdisch- und arabischstämmigen Migranten in Deutschland. Ali Mahdjoubi: Homosexualität in islamischen Ländern am Beispiel Iran“. Abdurrahman Mercan: Lebensstile und Selbstorganisation von muslimischen Homosexuellen in Deutschland
Michael Bochow Boeken





In der vorliegenden Sondernband vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten und von Dr. Michael Bochow durchgeführten qualitativen Untersuchung wurden 30 narrative, leitfadengestützte biographische Interviews mit frisch HIV-infizierten Schwulen durchgeführt. Das Sample kann im Hinblick auf das Alter, die Herkunft, die Bildungsabschlüsse und die Lebensstile der Befragten als heterogen bezeichnet werden. Im kontrastierenden Fallvergleich konnten fünf Typen aus dem Material herausgearbeitet und zahlreiche Empfehlungen für die Prävention und Beratung erarbeitet werden. Die Kontexte, in denen Risikokontakte erfolgten, sind dabei vielschichtig. Kein einziges Interview verweist auf einen Infektionshintergrund, der durch intentional praktiziertes barebacking bestimmt war. Anhand der Ergebnisse lässt sich festhalten, dass ein kontinuierlicher Bedarf an einer Ausdifferenzierung von Präventionsansätzen nötig erscheint, die den unterschiedlichen Lebensstilen von schwulen und bisexuellen Männern gerecht werden. Auch die verschiedenen individuellen Bedeutungszuschreibungen von HIV und AIDS sollten in der Prävention adäquater berücksichtigt werden. Deutlich wird auch, dass Präventionskampagnen, die lediglich monothematisch den Kondomgebrauch betonen, als überholt betrachtet werden können