Im Rückblick auf mein langes Leben sehe ich folgende Landschaft, beleuchtet von den Sätzen der Vernunft. Jede Begierde wird gestillt. Jede Sehnsucht wird erfüllt. Jede Leidenschaft wird befriedigt. Ist das nicht schön? Aber nicht auf der Erde. Solange ich erwarte, dass die Erde und ihre Bevölkerung meine Begierde stillt, wird mein Leben zur Hölle der Entbehrung. Aus dem Licht der Erde erhebt sich der Schrei der Begierde. Die Erde schreit nach dem, was ihr gut tut. Der Schrei richtet sich an die Welt dort draußen. An das Weltganze. Schreiend offenbart die Erde, dass die Güte aus dem Weltganzen erwartet wird. Und die Erwartung der Erde hat sich erfüllt. Ihre Begierde wurde gestillt. Ihre Sehnsucht wurde erfüllt. Ihre Leidenschaft wurde befriedigt. Wer hat es getan? Du. Aus dem Ganzen der Welt, das du selber bist, hast du den Schrei der Erde gehört. Und du bist gekommen. Deine Anwesenheit auf der Erde ist die Erfüllung ihrer Sehnsucht. Deshalb sage ich mit Wärme: Deine Begierde wird von der Erde nie gestillt. Warum? Weil du es bist, der die Begierde der Erde stillt. Ihr Glück ist ihre Vereinigung mit dem Weltganzen. Diese Vereinigung bist du selbst.
Wilfrid Jaensch Boeken






Dieser Briefwechsel ist ein bewegendes Zeugnis einer freundschaftlichen geistigen Auseinandersetzung. Hier der etablierte Anthroposoph, der in seinem bedeutend jüngeren Zeitgenossen die geistige Potenz wahrnimmt und anerkennt, mit bohrenden Fragen ihn zu immer weiteren Ausführungen veranlasst, ihn – ohne Erfolg – zum Beitritt in die Anthroposophische Gesellschaft anregt, zuweilen allzu radikale Äußerungen über Rudolf Steiner bedauert und zurückweist. Dort der autonome Individualist, der kompromisslos seinen Weg geht, sich um keine äußeren Konventionen kümmert und doch bei aller Ehrlichkeit immer respektvoll ist; ja, der Leser wird im Untergrund einer bedingungslosen Liebefähigkeit gewahr. Dieser Briefwechsel ist das Zeugnis eines kultivierten Geistgesprächs, in dem jeder sich selbst treu bleibt und doch hingebungsvoll auf des andern Ansichten und Anliegen eingeht. Heinz Zimmermann
'Jeder Mensch ist eine Schule der Magie. Warum wissen wir das nicht? Weil die Schule der Magie sich von jeder anderen Schule unterscheidet. Schüler und Lehrer leben in ihrem Schulhaus zusammen, Tag und Nacht, ein ganzes Leben lang. Genauer gesagt: dein Leben lang. Denn das Schulhaus ist dein Leib. Deine Schule der Magie öffnet ihre Tore, sobald du bemerkst, dass es zwei Personen sind, die deinen Leib bewohnen. Beide sagen: Ich, deshalb hast du geglaubt, sie seien dieselbe. Aber betrachte ihre Eigenschaften, die ihre Leidenschaften sind, und ihr Unterschied wird deutlich.'
Die Erklärung der Menschenrechte war der Höhepunkt der europäischen Aufklärung. Deren Tiefpunkt ist das 20. Jahrhundert. Die Menschenrechte wurden mit Füßen getreten. Ihre Begründung wurde zum Abgrund. Warum? Weil die Rechte erklärt waren, aber nicht der Mensch. Der Mensch wurde nicht gedacht. Sein Begriff wurde stillschweigend vorausgesetzt. Der Verfasser stellt ihn in Frage.
Selbstgespräch mit der Schwarzen Madonna
- 247bladzijden
- 9 uur lezen
Wilfrid Jaensch stellte 1969 die Erkenntnisfrage: Was steht hinter dem formalen Denken? Was verursacht den Verstand? Dabei ging es ihm um die Erkenntnis der Wahrheit. Der Aspekt des Guten kam dabei nicht vor. Im Gegenteil. Noch in den 80er Jahren wehrte er sich ausdrücklich, die Erkenntnis mit Moralität in Zusammenhang zu bringen. In den 'Tonsätzen' von 1998 formuliert derselbe Autor das absolut Gute als Grundlage der Welt. Nur durch die Methode der Güte kann die Welt erkannt werden! Was ist geschehen? Was kann ein Wahrheitsfanatiker - als welchen er sich selbst bezeichnet - dazu führen, das Gute als Grundlage des Daseins anzuerkennen? Wo liegt der Übergang von der Wahrheitsfrage zum Guten? In der Biographie von Wilfrid Jaensch ist der Übergang zweifellos die Begegnung mit der 'Schwarzen Madonna'. 'Willst du die Schwarze Ma donna sehen, dann mußt du dich selber sehen, und zwar vollkommen. Vollkommen heißt nicht: edel. Sondern: vollständig. Also auch das sehen, was du nicht siehst, weil es finster ist. Das Sinnlose deines Lebens. Den dauernden Schmerz. Deine Bosheit. Deinen Wahnsinn. Deine Lächerlichkeit. Nimm dies und verbinde es mit dem Sichtbaren deiner Person: und du stehst vor der Schwarzen Madonna.'
Die Ordensregeln der Neuzeit
- 183bladzijden
- 7 uur lezen
Während seine Zeitgenossen auf die Globalisierung warten, entwirft der Verfasser bereits den nächsten Schritt: die Universalisierung der Erde. Wilfrid Jaensch, ein ungewöhnlicher, eigenständiger und provokativer Denker.