'Grenzen ausdehnen und überschreiten' scheint die Devise des 20. Jahrhunderts zu lauten. An dessen Ende ist, angesichts von Massenvernichtungen, aber auch des Endes des Kalten Krieges nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten, eine Revision bisher für gültig gehaltener Grenzbestimmungen unumgänglich. »Über Grenzen« nimmt in Aufsätzen mit gegensätzlichen Positionen die Kontroverse zwischen Liberalismus und Kommunitarismus auf. Bosnien als Metapher für eine Neubestimmung intellektueller Positionen dem Krieg in Europa gegenüber bildet den zweiten Schwerpunkt. Ausgangspunkt ist eine Erzählung von Ivo Andric über die scheinbare Unvermeidlichkeit eines bosnischen Krieges. Die Autoren thematisieren den Krieg und die Aporien eines intellektuellen Pazifismus sowie mögliche Strategien der Friedenssicherung. Die literarische Arbeit an der Definition bzw. Auflösung mentaler, nationaler und künstlerisch-formaler Grenzziehungen ist Gegenstand der dritten Sektion. Untersucht wird, wie die Literatur an der Formierung von National-Charakteren mitschreibt. Das Aufeinandertreffen zweier Kulturen in einer Person und die Konsequenzen eines Lebens und Schreibens in zwei Sprachen sind Thema des Autoren-Gesprächs am Ende des Werkes.
Frauke Meyer Gosau Boeken





- Vielleicht wird, wer seinen sicher geglaubten Ort im Leben früh verloren hat, nirgendwo mehr wirklich heimisch - es sei denn, er kann sich das Fehlende wieder erschreiben. Dies ist Uwe Johnsons Fall. Sein Lebensweg beginnt 1934 auf der pommerschen Oder-Insel Wollin und führt über Anklam in Vorpommern, Recknitz und Güstrow in Mecklenburg, dann über Rostock und Leipzig 1959 nach West-Berlin. Nach einem Aufenthalt in New York kommt dieser Lebensweg 1984 auf der Themse-Insel Sheppey an sein frühes Ende. Wer diesen Stationen folgt, unternimmt immer auch eine Reise in Uwe Johnsons Werk: an die Flüsse, Seen und Meere, die seinen Roman „Mutmaßungen über Jakob“ wie das Groß-Epos „Jahrestage“ prägen, in Dörfer wie Großstädte, die sich um sie gruppieren. In ihrem „Versuch, eine Heimat zu finden“ verortet Frauke Meyer-Gosau Leben und Werk Johnsons an den heutigen Schauplätzen - und findet einen Gegenwarts-Autor, der die historischen Schichten aufdeckt, über die wir sonst leichtfüßig hinweggehen. Ein zwischen Extremen schwankendes Bild des Menschen Uwe Johnson zeichnen dagegen frühere Freunde und Kollegen: Überschwängliche Zugewandtheit und unleidliche Rechthaberei, schlagender Humor und depressives Verstummen stehen auf der Kehrseite des so bedachtsam erzählten Werks. 
- Ingeborg Bachmann - Mythos und Wirklichkeit 35. Todestag am 17. Oktober 2008 Ingeborg Bachmann, 1926 in Klagenfurt geboren, lebte in Wien, Ischia, Rom, Neapel, München, Zürich und Berlin, 1973 starb sie in Rom - selten war ein Schriftstellerinnen-Dasein so glamourös und rätselhaft, eine Schreib-Existenz derart rastlos. Im Werk ist all dies aufgegangen: Ingeborg Bachmanns Gedichte und Lieder beschwören ihre ischitanische und neapolitanische Zeit, auch ein Hörspiel hatte dort seinen Ursprung. Und während die erste veröffentlichte Prosa erzählte, was sie in Österreich und Italien sah und hörte, finden die späten Erzählungen und Romane - geschrieben vor allem in Rom - allesamt ihren zentralen Schauplatz in Wien. Anderes führt nach Harlem oder Manhattan, nach Prag, Paris oder in die ägyptische Wüste: Nicht nur das Umherziehen, auch ein unablässiges Umherreisen gehörte zu dieser Biographie. Frauke Meyer-Gosau folgt der unruhigen Bewegung: Ihre literarische Reise führt an Ingeborg Bachmanns Lebens-Orte. Sie sucht Landschaften, Städte und Häuser auf, zieht das Werk zu Rate, Verwandte, Spezialisten und Freunde zeichnen ein bislang unbekanntes Bild von der einstigen Diva assoluta. Die steht am Ende ganz gegenwärtig da: „Sie könnte so zur Tür hereinkommen.“