Der Ausbruch von Seuchen und ihre weltumspannende Verbreitung sind keine abgeschlossenen Ereignisse der Geschichte. Nicht nur scheinen die großen Seuchen der Vergangenheit mit Pestausbrüchen in Indien und Choleraepidemien in Südamerika wieder zurückzukehren, auch neue Infektionskrankheiten wie AIDS und SARS lösen Angst und Panik in unserer Zeit aus. Weniger bekannt ist, wie Seuchen als Katastrophenerfahrungen von Menschen gedeutet wurden und deren Sinnhorizonte geprägt und verändert haben. Dabei spricht manches dafür, dass ohne einen ausgeprägten Sinn für die Katastrophe, für den Untergang, eine Gesellschaft zu Innovationen und zur Überwindung sie selbst fesselnder Gewohnheiten nicht imstande ist. Die Traditionen des abendländischen apokalyptischen Denkens könnten zur Inspiration und zur selbstbewussten Annahme von mehr Unsicherheit beitragen. Der Katalog zur Ausstellung „Gotts verhengnis und seine straffe - Zur Geschichte der Seuchen in der Frühen Neuzeit“ greift mit 15 Beiträgen das Phänomen der Seuchen in seiner Vielschichtigkeit auf und thematisiert deren machtvollen Einfluss auf das Leben der Menschen in Geschichte und Gegenwart. Die Ausstellung ist bis zum 13. November 2005 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel zu sehen.
Petra Feuerstein Herz Boeken






Feurige Philosophie
Zur Rezeption der Alchemie
Die frühneuzeitliche Alchemie war ein facettenreiches Wissensgebiet, das keineswegs nur das Experimentieren im Laboratorium umfasste: Von gleichem Gewicht war das gelehrte Studium der Quellen einer langen schriftlichen Tradition. Der von Petra Feuerstein-Herz herausgegebene Band zeigt mit vier aus Erschließungs-, Ausstellungs- und Forschungsaktivitäten der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel hervorgegangenen Beiträgen die Spannbreite und Mannigfaltigkeit der frühneuzeitlichen Alchemie auf. Beginnend mit einem Kriminalfall am Hof in Wolfenbüttel, welcher die gesellschaftliche Bewertung der an alchemischen Handlungen beteiligten Praktiker vor Augen führt (Ute Frietsch), spannt sich der Bogen über eine differenzierte Betrachtung der beziehungsreichen Parallelen von Alchemie und Musik (Sven Limbeck) hin zur praktisch-technologischen Rezeption alchemischen Wissens bei der Porzellanherstellung im 18. Jahrhundert (Thomas Krueger). Der abschließende Beitrag demonstriert die weitreichenden Wirkungen alchemischer Denkweisen in der Kultur und Wissenschaft unserer Zeit (Stefan Laube).
Goldenes Wissen
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Dasein als verzaubertes Chaos
20 Jahre Sammlung Deutscher Drucke 1601-1700 auf den Spuren von Herzog August d. J. (1579-1666)
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Herzog August hinterließ nach seinem Tod 1666 in seiner Bibliothek ca. 135.000 Schriften, eine für seine Zeit beinahe unermessliche Büchersammlung. In den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten wurde diese Bibliothek vielfach erweitert. Seit 1989 gehört die Herzog August Bibliothek zur Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke, die sich als die retrospektive deutsche Nationalbibliothek für den Zeitraum 1450 bis 1912 verstehen darf: Aufgrund ihrer einzigartigen Bestände an deutschen Drucken des 17. Jahrhunderts betreut die Wolfenbütteler Bibliothek diesen Zeitraum mit dem Ziel, der heute noch verfügbaren antiquarischen Ressourcen die Sammlung Herzog Augusts und seiner Nachfahren systematisch zu vervollständigen. In der am 2. August 2009 eröffneten Ausstellung „Dasein als verzaubertes Chaos. 20 Jahre Sammlung Deutsche Drucke 1601–1700 auf den Spuren von Herzog August d. J. (1579–1666)“ in Wolfenbüttel und im dazugehörigen Begleitband wird eine repräsentative Auswahl von Büchern aus der Sammlung Herzog Augusts und Drucke aus dem 17. Jahrhundert vorgestellt, die im Rahmen der Sammlung Deutscher Drucke in den vergangenen 20 Jahren nacherworben wurden.
Die große Kette der Wesen
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Im Zentrum des älteren naturgeschichtlichen Denkens stand die Überzeugung, dass die nahezu unendliche Vielfalt der göttlichen Schöpfung in einem kontinuierlichen Zusammenhang nach kleinsten Merkmalsunterschieden geordnet sei im Bild einer “Kette der Wesen” oder Scala naturae. Diese Idee einer im Prinzip unveränderlichen, kontinuierlichen Folge aller natürlichen Objekte begann im 18. Jahrhundert aufzubrechen. Das Anwachsen der Artenkenntnis wie auch das sich mit der Erklärung des Ursprungs und Alters der Erde entwickelnde historische Denken brachten die Ordnungsidee der überkommenen Naturgeschichte ins Wanken. Der reich bebilderte Katalog stellt diese Schwellen- oder Umbruchszeit in den Mittelpunkt, sinnfällig in den beiden Protagonisten Linnaeus und Buffon, deren Geburtstage sich im Jahr 2007 zum 300. Male jährten. Neben Leben und Werk wird auch deren breite europäische Rezeption in ausgewählten Beispielen aus den umfangreichen Beständen der Herzog August Bibliothek zur Naturgeschichte der Frühen Neuzeit verdeutlicht.
Ist der Tapir als einziges rüsseltragendes Tier Südamerikas eventuell ein „ausgearteter Elefant“? Warum existieren in Ländern mit ähnlichem Klima so unterschiedliche Tierarten? Diese Fragen untersuchte der Naturforscher und Geograph E. A. W. v. Zimmermann, der von 1766 bis 1801 am Collegium Carolinum lehrte, in seinem Werk über die „Geographische Geschichte des Menschen und der allgemein verbreiteten vierfüßigen Thiere“ (1778-1783). Es war die erste systematische Darstellung des weltweiten Vorkommens von etwa 450 damals bekannten Säugetierarten. Nach einer biographischen Übersicht analysiert die Arbeit die Entstehung und Inhalte der neuen Fragestellungen zur Verbreitungsfähigkeit und geographischen Ordnung von Tieren und Menschen, die von George Louis Leclerc de Buffon vorbereitet wurden. Die zeitgenössische Rezeption der geographischen Geschichte wird in der Geschichts- und Naturphilosophie sowie in der Naturgeschichte exemplarisch dargestellt. Zimmermanns Studie zur Verbreitung knüpfte an die Kernfrage der sich formierenden Wissenschaft vom Leben an, die sich mit den Ursprüngen und Zusammenhängen der organismischen Vielfalt beschäftigte. Er gilt somit als Vertreter der Übergangszeit von der klassischen Naturgeschichte zur „Biologie“ als Lebenswissenschaft.