Wie steht es um den Heimat-Begriff im Kontext der Globalisierung? Die Beiträge des Bandes erörtern nicht nur die unterschiedlichen Darstellungs- und Aktualisierungsformen, sondern auch das vielfältige heuristische und praxeologische Potential von »Heimat«. Als Beitrag zur Klärung einer gegenwärtig in Europa und vor allem in Deutschland viel diskutierten Frage definiert das Buch den Heimat-Begriff jenseits von identitären und nationalen Vereinnahmungen als einen Modus der nachhaltigen Weltbeziehung und der Zugehörigkeit neu - und macht ihn so für politisch-gesellschaftliche Entwürfe dienstbar.
Das Thema »Heimat« ist nicht nur aktuell, sondern auch hochbrisant. Eine intensive und vor allem andauernde Reflexion dieses sich wandelnden Begriffs ist - nicht nur im Lichte aktueller Migrationsbewegungen - unverzichtbar. Erstmals verständigen sich in diesem diskursiv angelegten Band Geschichts-, Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaftler über die Heimatproblematik. Ihre Perspektive beschränkt sich dabei nicht auf gegenwärtige Konzepte von »Heimat«, sondern reicht bis in die Antike. Beiträger_innen des Bandes sind u. a. Friedemann Schmoll, Martina Haedrich, Frank W. Hellwig und Meinolf Vielberg.
Die Ausstellung 'Dante, ein offenes Buch' widmet sich dem italienischen Autor Dante Alighieri (1265–1321) und seiner 'Göttlichen Komödie', die eine einzigartige literarische Reise durch das christliche Jenseits darstellt. Das Epos ist reich an historischem, philosophischem und kulturellem Wissen und hat unser Bild der Hölle geprägt. Szenen wie Dantes Begegnung mit Francesca und Paolo wurden in Literatur und Kunst vielfach aufgegriffen. Während der Weimarer Klassik und im 19. Jahrhundert erlebte Dantes Dichtung eine intensive Rezeption, die sich in zahlreichen Ausgaben, Übersetzungen, Illustrationen und Gemälden sowie theoretischen Studien und poetischen Nachahmungen widerspiegelt. Diese 'Dante-Renaissance' ist besonders in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek nachzuvollziehen. Anlässlich des 750. Geburtstags Dantes zeigt die Ausstellung das vielfältige Nachleben des Autors im Medium des geöffneten Buchs. Neben modernen Graphiken von Joseph Anton Koch, Johann Heinrich Füssli und John Flaxman belegen Übersetzungen von August Wilhelm Schlegel bis Philalethes sowie die 'Commedia'-Ausgabe von Karl Wittes und Goethes Faszination für den Dichter Dantes ungebrochene Popularität. Die Ausstellung findet im Renaissancesaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar vom 21. August 2015 bis 26. Juni 2016 statt.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der italienischen und der europäischen, insbesondere der deutschen Romantik? Die Beiträge dieses Bandes leisten einen Beitrag zur Klärung dieser nach wie vor nicht hinreichend erforschten Frage. Im Zentrum steht mit Giacomo Leopardi ein Dichter und Philosoph, der wie kaum ein anderer das komplexe Spannungsverhältnis zwischen italienischer Moderne und europäischer Romantik repräsentiert, ein Verhältnis, das von einer Reihe von mehr oder minder produktiven Mißverständnissen geprägt ist. Als dezidierter Gegner der „romantischen Poesie“ setzt ihr Leopardi eine Poetik entgegen, deren Grundbausteine gleichwohl romantischer Provenienz sind oder zu sein scheinen. Sein an Ludovico Di Breme gerichteter Vorwurf, die Romantiker hätten die Poesie „entpoetisiert“, geht nicht nur an Di Breme vorbei: Er verkennt das Hauptanliegen der europäischen Romantik, mit dem Leopardis poetologisches Projekt im Grunde übereinstimmt, nämlich die Welt zu repoetisieren, d. h. zu „romantisieren“. Im vorliegenden Band werden zum einen die verschlungenen Wege von Leopardis Romantik-Rezeption rekonstruiert und zum anderen die Beziehungen beleuchtet, die sich zwischen seiner Dichtung und der europäischen und speziell deutschen Klassik und Romantik herstellen lassen.
Der Raub der italienischen Kunstschätze durch das nachrevolutionäre Frankreich ist eines der Ereignisse, die um 1800 die beiden aus deutscher Sicht klassischen Kulturmodelle in direkten Konflikt treten lassen. Diese unmittelbare Konfrontation findet bekanntlich zu einem Zeitpunkt statt, als man sich auf deutscher Seite ohnehin seit längerem, verstärkt aber noch einmal durch die Französische Revolution, um die Definition eines eigenen Kulturmodells bemüht. Schon die Zeitgenossen haben in Weimar und Jena ein Zentrum dieser Definitionsarbeit gesehen, an der mit unterschiedlichen Anteilen Goethe, Schiller, Herder, die Humboldts oder die Schlegels beteiligt sind, um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Wie gestalten sich in dieser Konstellation nun die wechselseitigen Rezeptions- und Abstoßungsprozesse? Wie beeinflussen ästhetische Italophilie oder politische Gallophobie die Kultur- und Wissenschaftsproduktion im klassischen Weimar und in der Universitätsstadt Jena? Wie verläuft umgekehrt die Wahrnehmung der deutschen Produktion in Frankreich und Italien? Anhand von Beispielen aus Literatur, Philosophie, Kunst und Naturwissenschaft geht der vorliegende Band diesen und anderen Fragen zum deutsch-französisch-italienischen Kulturaustausch um 1800 nach.
Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution
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Die Studie nimmt mit Castiglione, Montaigne, La Rochefoucauld, Retz, Alfieri und Chateaubriand italienische und französische Schriftsteller aus der Aristokratie in den Blick. Die Normen der Ständegesellschaft legten diesen „uneingestandenen Literaten“ besondere Begründungszwänge auf, wollten sie nicht ihren gesellschaftlichen Rang gefährden. So leugneten die schreibenden Aristokraten die literarische Natur ihrer schriftstellerischen Tätigkeit und entwarfen Autorrollen, die sich der beginnenden Institutionalisierung des Schriftstellers zu verweigern suchten. Mit dem Untergang des Ancien Régime und nach der Herausbildung einer bürgerlichen Literatur wurden diese aristokratischen Schreibweisen rückblickend als Dilettantismus denunziert. Dabei geriet in Vergessenheit, dass die von den schreibenden Aristokraten entwickelten literarischen Verfahren, vom Essay über Maximensammlungen bis hin zu einem besonderen Typus der Memoiren, die literarische Ästhetik der Moderne entscheidend beeinflussten. Die Untersuchung setzt mit Castiglione und Montaigne in der frühen Neuzeit ein und verfolgt die Entwicklung neuer literarischer Gattungen und die wechselnden Formen aristokratischer Selbstinszenierungen bis zum Übergang in nachrevolutionäre und romantische Schriftstellerattitüden, für die wiederum zwei Aristokraten, Chateaubriand und Alfieri, Maßstäbe setzten.