Barbara Wagners Arbeiten basieren auf dem Material Wachs, das sie sowohl als Farbe als auch als Verhüllung einsetzt. Diese Verhüllung führt zu einer tiefgreifenden Transformation des Verhüllten und des Wachses, wodurch neue Bildwirklichkeiten entstehen, die mehr sind als die Summe ihrer Teile. Ein beschnittener, in Wachs getauchter Ast, der an eine Wand gelehnt wird, erscheint durch die Wachshaut anthropomorphisiert und beseelt. Gleichzeitig können in Wachs getauchte Objekte erstarrt und unkenntlich wirken, was ihnen eine fremde und rätselhafte Ausstrahlung verleiht. Besonders bemerkenswert ist Wagners Methode, Fotos mit einem speziellen Farbmaterial zu drucken und diese frischen Abzüge auf eine warme Wachstafel zu übertragen. Die sichtbare Seite ist nicht diejenige, auf der die Farbe haftet, sondern die Rückseite, wodurch das Bild wie in den Bildgrund hinabgesunken oder von einem dünnen weißen Vorhang verhüllt erscheint. Diese Privatfotografien besitzen nicht unbedingt persönliche Bedeutung für die Künstlerin; sie zeigen flüchtige Erinnerungen oder halluzinatorische Einblicke in andere Welten. Unter der schützenden Wachsschicht können Fundstücke wie Fahrkarten verborgen sein, die rätselhafte Spuren eines namenlosen Lebens darstellen. Wagners Arbeiten verdeutlichen, dass Wachs ein reichhaltiges Material ist, das Raum für vielschichtige Fantasie und das Streben nach Verständnis bietet.
Ulrich Heimann Boeken

