Suppliken, Bittschriften und Petitionen als wesentliche Elemente der politischen Kultur Europas vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Suppliken bezeichnen formalisierte Bitten an eine Obrigkeit, deren Bandbreite von privaten Gesuchen bis hin zu politischen Forderungen reicht. Die Untersuchung von Bittschriften und Petitionen liefert Erkenntnisse über die wechselnden Beziehungen zwischen Obrigkeiten und Individuen mit Blick auf gesellschaftliche Teilhabe und politische Partizipation. Die Beiträge des Bandes beschäftigen sich über eine Zeitspanne vom Spätmittelalter bis zum Bonner Grundgesetz mit Eingaben, Gesuchen und Beschwerden. Sie zeigen den Wandel der "Kultur der Bitte" auf und stellen die Bedeutung des Supplikenwesens als Kommunikationskanal heraus, über den die Obrigkeiten ebenso Einblicke in die Befindlichkeiten der Untertanen gewinnen konnten wie die Untertanen in Kontakt mit der Obrigkeit traten.
Josef Leeb Boeken





Digitale Edition und vormoderner Parlamentarismus / Digital scholarly edition and pre-modern parliamentarianism
Eine interdisziplinäre Annäherung an frühneuzeitliche Quellen / An interdisciplinary approach to early modern sources
Der digitale Wandel in der Editorik schreitet voran. Die erste genuin digitale Edition der "Deutschen Reichstagsakten", jene des Reichstags zu Regensburg 1576, steht nicht allein. Diverse Editionen verschiedener europaischer Standeversammlungen und anderer fruhneuzeitlicher Quellen zeigen das Potential digitaler Technologien. Sie erlauben die globale Nutzbarkeit und Zuganglichkeit, eine bessere Recherchierbarkeit durch Suchfunktionen sowie eine auch maschinell mogliche Datenverarbeitung. Mit diesem Band treten verschiedene Editionsunternehmen, Forscherinnen und Forscher im Sinne interdisziplinarer und internationaler Verstandigung in einen Dialog uber die unterschiedlichen Deutungs-, Editions- und Forschungstraditionen ein, welche den Blick auf den kulturell bedingten vormodernen europaischen Parlamentarismus seit jeher pragen.
Für die Edition wurde in 58 Archiven und Bibliotheken die Überlieferung von mehr als 70 Reichstagsteilnehmern erfasst. Deren Dokumentation verdeutlicht die Beweggründe für die Bewilligung einer Reichstürkensteuer für Kaiser Rudolf II. in einer bis dahin unerreichten Höhe trotz der im Zuge der reichspolitischen Polarisierung seit 1586 aufgelaufenen konfessionspolitischen Konflikte. Gegenüber der Steuerfrage und den Forderungen der Konfessionsparteien, die zunächst die Eröffnung des Reichstags infrage stellten und im weiteren Verlauf dessen Sprengung befürchten ließen, traten weitere Themen wie die reichsinternen Belange Landfrieden, Justiz, Währung und Steuersystem in den Hintergrund. Die Edition dokumentiert anhand zahlreicher Protokolle, Akten und Berichte neben den Verhandlungen der Reichstagskollegien und der Religionskonvente auch bisher unberücksichtigte Debatten auf informeller Ebene. Sie bietet damit neue Einblicke in die Problematik des Reichstags 1594 und dessen Verortung in der Destabilisierungsphase des Reichs am Ende des 16. Jahrhunderts.
Der Magdeburger Sessionsstreit von 1582
Voraussetzungen, Problematik und Konsequenzen für Reichstag und Reichskammergericht
Die Edition revidiert das negative Bild, das die historische Literatur vom Augsburger Reichstag 1582 vielfach entworfen hat. Sie belegt die Funktionsfähigkeit des Reichstags trotz der problematischen Magdeburger Sessionsfrage und der Forderungen der Reichsstädte im Hinblick auf ihre reichsrechtliche Position. Beide Themen bedingten temporäre Beratungsverzögerungen, ohne aber die Beschlussfähigkeit des Reichstags zu gefährden. Auch die Verabschiedung einer Türkensteuer in beträchtlicher Höhe dokumentiert die Kooperation zwischen Kaiser und Ständen in der noch anhaltenden Konsolidierungsphase im Reich nach dem Friedenswerk von 1555. Josef Leeb legt, ergänzt durch die ausführliche Kommentierung und das umfangreiche Register ein wichtiges Hilfsmittel für die Frühe Neuzeit-Forschung vor.