Semantische Kämpfe

Herrschaft und Macht werden auch über Semantik ausgeübt. Diese Erkenntnis leitet die Untersuchungen, die sich auf die sprachliche Konstitution fachlicher Gegenstände konzentrieren. Das Interesse an gesellschaftlich relevanten Wissensdomänen zielt auf subtile Formen des Dissenses, die oft in konventionalisierten Diskursen verborgen bleiben. Dissens wird häufig nicht sichtbar, da er sich in der Durchsetzung spezifischer Begriffsvorstellungen oder vermeintlich synonymen Termini äußert. Solche semantischen Kämpfe sind oft heftig und von grundlegender Bedeutung, da sie den Forschungsgegenstand mitkonstituieren. Sie sind somit Voraussetzung für das Verständnis wichtiger Forschungsfragen, da hinter den Begriffen ein definiertes, methodisch organisiertes Erkenntnisinteresse steht. Die Durchsetzung spezifischer Fachtermini in der Auseinandersetzung mit sozial-, geistes- und naturwissenschaftlichen Themen stellt den Versuch dar, die Welt aus einem bestimmten Blickwinkel zu strukturieren. Wer sich in diesem „semantischen Kampf“ durchsetzt, prägt entscheidend die gedankliche Perspektive auf die Sachverhalte. Die Beiträge des Bandes untersuchen die Formen und Funktionen solcher Fachdiskurse in verschiedenen Wissenschaften.