Die Tugend des Mutes

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»Habt ihr Muth, oh meine Brüder? Seid ihr herzhaft?« Nietzsche fordert einen neuartigen Umgang mit den Gefahren des Lebens und betont die Notwendigkeit von Mut, der nicht nur vor Zeugen, sondern in der Einsamkeit und im Angesicht des Abgrunds besteht. Er unterscheidet zwischen kalten Seelen und wahrhaft mutigen Menschen, die Furcht kennen und dennoch mit Stolz handeln. Hinter seiner als immoralisch bezeichneten Philosophie verbirgt sich ein affirmatives Ethos, das Orientierung für ein gelungenes Leben bietet. Nietzsche fordert den Einzelnen auf, den Mut zu sich selbst zu finden und sich auf die Selbstorganisationskräfte der Natur zu besinnen, die sich im Erleben des eigenen Körpers zeigen. Anstelle von metaphysischen Dogmen soll die Selbstgesetzgebung der „großen Vernunft des Leibes“ als dynamisches Regulativ für eine verunsicherte Kultur dienen. In einer Zeit der Nivellierung und Dekadenz wird der Mut, Neues zu wagen, zur Kardinaltugend. Trotz der Einschränkungen durch gesteigerte Selbstreflexivität erfordert die moderne Existenz den Mut zum Experiment, um kulturelle Errungenschaften zu bewahren und das Potenzial für neue Schöpfungen zu nutzen.