Todestrieb und Erkenntnis

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Als Massimo Fagioli 1970 dieses Buch als Abschluss seiner psychoanalytischen Ausbildung vorlegte, ahnte er nicht, dass es weitreichenden Einfluss auf die italienische Kultur haben würde. Fagioli, der seine Kindheit im Krieg verbrachte und in Venedig sowie Padua zum Psychiater ausgebildet wurde, entwickelte ein innovatives Behandlungskonzept für psychische Krankheiten, das von vielen italienischen Psychiatern und Psychologen übernommen wurde. Im Zentrum steht die Deutung unbewusster Beziehungsdynamik, insbesondere die Reaktion des Patienten auf Abwesenheit, die als Verschwindensphantasie bekannt ist. Diese kann zu Gefühllosigkeit und innerer Leere führen und wird als Todestrieb interpretiert. Die Entdeckung der Verschwindensphantasie führt in fünf Kapiteln zu einer revolutionären Sicht auf das menschliche Ich, das Unbewusste und die psychische Entwicklung im ersten Lebensjahr. Fagioli geht dabei über das Konzept des Geburtstraumas hinaus und postuliert, dass die menschliche Psyche aus der Wechselwirkung von intrauteriner Biologie und Reaktionen auf Umweltreize bei der Geburt entsteht. Diese Theorie hat das Buch zu einem zentralen Element der aktuellen bioethischen Debatte in Italien gemacht und die politische Dimension von Fagiolis Ansatz hervorgehoben.