Ethischer Bankrott oder kultureller Winterschlaf? Der Lagermensch bei Varlam Šalamov und Viktor Frankl

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Der jüdische Psychologe und Holocaustüberlebende Viktor Frankl schildert eindrucksvoll seine Haftzeit in verschiedenen Arbeitslagern der Nazis. Varlam Šalamov, unter Stalin als Konterrevolutionär verurteilt, verbrachte 14 Jahre in lebensbedrohlicher Zwangsarbeit in Kolyma. Seine Erzählungen aus diesem Lagerkomplex gelten als eindrucksvollster Augenzeugenbericht über das Leben und Sterben in der Stalin-Ära. Diese wissenschaftliche Abhandlung beschäftigt sich mit der inhaltlichen Bergung dieses literarischen Schatzes. Während Šalamov als ‘verhärteter Pessimist’ gilt, ist Frankls Grundtenor optimistischer. Trotz ihrer gegensätzlichen Charaktere ähneln sich ihre Betrachtungen und ergänzen sich. Die Arbeit untersucht die geschilderte Lagerrealität bei beiden Autoren und deren Auswirkungen auf das Seelenleben der Häftlinge. Berichte weiterer Häftlinge aus GULag und Konzentrationslagern bieten wertvolle Ergänzungen. Der literarische Vergleich ermöglicht eine umfassende Betrachtung der menschlichen Natur in der ‘raubtierhaften Gegenwart’ des Lagers. Strukturgeschichtliche Hintergründe betten die Erfahrungen in einen historischen Rahmen. Die Schilderungen ehemaliger Häftlinge geraten zunehmend in den Blick der Wissenschaft und fordern eine kritische Auseinandersetzung mit persönlichen Vorstellungen von Sittlichkeit. Frankl und Šalamov verdeutlichen, dass es möglich ist, in der Lagerrealität moralisch standhaft zu bleiben, auch wenn nur